Mode aus Scheiben und Scharnieren

■ Der gelernte Fotograf und Mode-Punk Andreas Ernst stellt in seinem Atelier in der Kurfürstenstraße Accessoires aus Metall und Glassteinen her/ Design der sechziger Jahre

Berlin. Anfang der achtziger Jahre fiel einem wasserstoffblond gefärbten Mode-Punk eine Kiste mit Druckknöpfen und Metallteilen bei einem Umzug in die Hände. Andreas Ernst behielt die Kiste, und da keiner seiner Designerfreunde Interesse an dem Material zeigte, begann der gelernte Fotograf, sich aus den Scheiben und Scharnieren Accessoires zu basteln: breite Metallgürtel, Armmanschetten und Ringe. Schnell zeigten auch Bekannte Interesse, und aus dem Hobby wurde ein Beruf.

»Wahrscheinlich wäre ich auch ein ganz guter Fotograf geworden«, meint Andreas Ernst lapidar, »aber dazu braucht man nicht zuletzt Beziehungen. Für mich war Schmuck damals die beste Möglichkeit, Geld zu verdienen, auch wenn ich zu Anfang vom Entwurf bis zum Vertrieb alles selbst machen mußte. Das war ziemlich anstrengend.«

In seinem Atelier in der Kurfürstenstraße fertigt heute ein vierköpfiges Team pro Jahr zwei Kollektionen, die nicht nur in Deutschland und dem näheren Ausland, sondern auch in Japan und den USA vertrieben werden. Auch für Mode-Mogul Wolfgang Joop entwarf Andreas Ernst bereits einige Kollektionen.

Verarbeitet wird hauptsächlich Messing, das zum Teil verchromt und vergoldet wird, Glassteine und Perlen. Andreas Ernst beschränkt sich dabei nicht nur auf Modeschmuck. Zunehmend werden in seinem Atelier auch Wohnaccessoires wie Obstschalen aus gehämmertem Messingblech mit eingearbeiteten Glaskugeln hergestellt. Der Erfolg ist für ihn immer noch überraschend: »Ich weiß manchmal gar nicht, wie ich damit umgehen soll, wenn Leute meine Sachen ganz toll finden. Vielleicht liegt es daran, daß sie einen bestimmten Stil haben. Man sieht gleich, daß die Teile von mir sind.«

Seine Ideen findet Andreas Ernst beim Herumspielen mit dem Material oder — ganz profan — wenn er beim Telefonieren kritzelt. So entstand zum Beispiel eine Kollektion, bei der stilisierte Fische sich zu Armreifen, Gürteln und Ohrringen zusammenfügen.

Deutlich ist seinen Accessoires eine Vorliebe für das Design der sechziger Jahre anzumerken. Groß, bunt und glänzend muß es sein — Barbarella läßt grüßen: »Im Moment sind die Sixties gerade in Mode«, meint er, »aber ich hatte diese Vorliebe schon immer. Vielleicht könnte ich mehr verkaufen, wenn ich mich mehr nach den Trends richten würde. Auf der anderen Seite gibt es Leute, die meine Sachen sammeln und gezielt in die Geschäfte gehen und fragen, ob es etwas Neues von mir gibt. Das ist doch ein Kompliment.« Martin Schacht