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Naturgut „Wasser“ nicht mehr gratis

■ Umweltsenator plant „Wasserspargesetz“: Wer Wasser entnimmt, soll dafür „Entgeld“ zahlen

Natürliche Ressourcen müssen künstlich verteuert werden, damit über die Mechanismen der Marktwirtschaft ein sparsamer Umgang mit ihnen erzwungen wird. Diese Politik der „ökologischen Marktwirtschaft“, vor Jahren von dem CDU-Politiker Kurt Biedenkopf verfochten, will der Bremer Umweltsenator Ralf Fücks nun im Hinblick auf das Wasser durchsetzen. „Wasserspargesetz“ heißt das Instrumentarium, und wenn es nach Fücks geht, können sich ab 1993 Unternehmen wie Becks, Klöckner oder die Stadtwerke nicht mehr kostenlos des Kühlwassers aus der Weser bedienen. Eine Milliarde Kubikmeter entnimmt die bremische Industrie jährlich dem Fluß.

Auch für das kostbare Trinkwasser sollen die Stadtwerke 10 Pfennig pro Kubikmeter Entnahme zahlen — aus dem dadurch entstehenden Geldtopf soll die Einführung wassersparender Technologien subventioniert werden. Mit 10-15 Millionen Mark in den Anfangsjahren rechnet die Umweltbehörde.

„Wir werden die Wassergebühren auf die Haushalte umlegen“, erklärte Stadtwerke-Sprecher Friedeberg. Dies haben die Stadtwerke im Vorgriff schon getan, als sie am 1.4.92 den Preis pro Kubikmeter von 2,30 auf 2,55 Mark erhöhten: 10 Pfennig dieses Aufschlages waren nicht durch allgemeine Kostensteigerung begründet, sondern durch den Wasserpfennig. In Niedersachsen, aus dem die Bremer Stadtwerke 88 Prozent des Trinkwassers beziehen, ist die Wasser-Abgabe ab 1.7.1992 geplant, und in Bremen frühestens ab 1993. Da für jede Person pro Tag im Durchschnitt ein Wasserverbrauch bei 140 Litern gerechnet wird, kostet das Wassergeld also im Monat pro Person 40-50 Pfennig.

Frei vom Wassergeld ist die „Entnahme“ von bis zu 4.000 Kubikmetern im Jahr, also etwa in Kleingarten-Brunnen. Dieses Wasser zu trinken empfiehlt sich allerdings nicht — in ganz Norddeutschland ist das Grundwasser schon durch natürliches Mangan und Eisen so belastet, daß es aufbereitet werden müßte. Damit das Wasser, das die Stadtwerke bisher kostenlos der Natur entnehmen, Trinkwasserqualität bekommt, wird es in einem komplizierten Prozeß aufbereitet.

Bei Industriebetrieben, die oberirdisches Wasser etwa zur Kühlung entnehmen, schlägt das Wassergesetz mit 1 Pfennig pro Kubikmeter zu Buche. Die Stadtwerke etwa brauchen bei ihrer Stromerzeugung 650 Millionen Kubikmeter pro Jahr — macht 6,5 Millionen in den Spartopf des Umweltsenators allein aus der Stromerzeugung. Nur wer nachweisen kannn, daß er „nach dem Stand der Technik den Wasserverbrauch minimiert hat, kann den Erlaß des Wasserpfennigs bis zu 75 Prozent des Entgeltes beantragen. Bei den Stadtwerken „ist das eine schwierige Frage“, meint Umwelt-Staatsrat Lahl. Ziel des Gesetzes ist es allerdings nicht, abzukassieren, sondern die industriellen Nutzer zur technischen Modernisierung anzuhalten.

In Niedersachsen haben CDU und FDP gestern den Umweltausschuß verlassen und dadurch die Beratung des dortigen Wassergesetzes boykottiert. In Baden- Württemberg, so seit dem 1.5.1988 ein Wassergesetzt gilt, hat die BASF Verfassungsklage eingereicht, die allerdings bis heute nicht verhandelt ist. Dort hatte der BUND Naturschutz das Gesetz damals kritisiert: Die Entgeld sei zu niedrig, um zum Wassersparen zu animieren, und ziehe die Landwirtschaft als wesentlichen Verursacher der Wasserbelastung nicht zur Verantwortung. In Bremen soll die Wasser-Debatte jetzt erst beginnen. K.W.

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