Kein Trauerspiel

■ Freie Volksbühne: »Emilia Galotti« aus Hannover

Matthias Hartmann, der Regisseur von Emilia Galotti, Staatsschauspiel Hannover, ist der zweite Nachwuchsregisseur, der in diesem Jahr in Berlin gastiert. Er ist achtundzwanzig Jahre alt und begann seine Laufbahn als Assistent am Schiller Theater. Danach inszenierte er in Kiel, Mainz und Krefeld, bevor er in Hannover sein »Theaterwunder» startete.

Hartmann, der als ein Verehrer von Baudrillard gilt und diesen gern zitiert, geht in seinen Aufführungen konsequent vom Text des Stückes aus und setzt ihn mit Hilfe seiner Schauspieler — und nur mit ihnen — in theatralische Vorgänge um. Er baut karge klare Räume, in denen der Schauspieler zum Zentrum des Theaters wird. Man fühlt sich an die Lehren von Peter Brook erinnert und genießt die Schlichtheit seiner Inszenierungen im Gegensatz zur oft sinnlos-aufwendigen Ausstattung seiner gestandenen Kollegen an den großen Häusern.

Emilia Galotti, dieses als angestaubt geltende und stiefmütterlich behandelte Trauerspiel von Lessing, wird in Hannover zu einer spannenden heutigen Geschichte.

»Hartmann inszeniert die Emilia als Redeschlacht, als streng choreographiertes Redeballett«, schrieben wir zur Premiere in Hannover. »Dabei fokussiert er die Aufmerksamkeit des Zuschauers ganz auf die Lessingsche Sprache, deren Eleganz die Klarheit, deren Schönheit die Präzision ist. (...) Er akzentuiert die Rededuelle durch die Auftritte: Immer zwei, höchstens drei Schauspieler sind auf der Bühne, scharf gegeneinander gestellt, so daß in jedem Augenblick klar ist, daß es hier um Gewinnen und Verlieren, Tod und Leben, daß es jederzeit ums Ganze geht.« (Michael Stoeber) burk

Heute und morgen jeweils 19.30 Uhr, Freie Volksbühne