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Die Träne Böck will nicht zurücktreten

Berlin (taz) — Noch steht Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel hinter seinem umstrittenen Innenminister Willibald Böck (beide CDU). Doch die Luft um Böck, gegen den die Erfurter Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Vorteilnahme und Untreue ermittelt, wird immer dünner. Gestern forderte der CDU-Fraktionsvorsitzende im Thüringer Landtag, Jörg Schwäblein, Böck solle seine Ämter ruhen lassen, wenn es zu einer Anklageerhebung kommt.

In der 'Thüringischen Landeszeitung‘ (TLZ) wurde am Dienstag sogar schon der der neue Innenminister vorgestellt, der Böck angeblich heute ablösen soll. Mit der Ernennung des Gothaer Landrats Dieter Reinholz wolle Vogel, so die 'TLZ‘, „durch eine schnelle Personalentscheidung den Druck aus Bonn und den eigenen Reihen entschärfen, die mit der Affäre Böcks nichts mehr zu tun haben wollen“. Der Ministerpräsident ließ umgehend dementieren.

Auch Böck selbst sieht „keine Veranlassung, mir Rücktrittsabsichten zu unterstellen“, wie er am Montag erklärte. Der Innenminister hatte im November 1990 eine „Spende“ von 20.000 Mark aus der Hand des evangelischen Pfarrers Hans-Werner Kohlmann entgegengenommen und quittiert, angeblich ohne gewußt zu haben, daß der Kirchenmann im Auftrag des hessischen Unternehmers Stutz gehandelt haben will. Kohlmann behauptet, Böck insgesamt sogar 45.000 Mark gegeben zu haben, um in der Landesregierung gute Stimmung für die Firma Stutz zu schaffen, die sich damals um Aufträge für Autobahn-Raststätten bewarb. Am Montag stellte sich der Innenminister einer von 'Bild‘-Thüringen organisierten Telefonaktion „Böck im Kreuzverhör“. Unter den drei Dutzend Anfrufen, heißt es dazu aus dem Innenministerium, sei kein einziges Wort der Kritik gewesen. Statt dessen die immer wiederkehrende Aufforderung: „Willi, halt die Ohren steif!“ Zwei Stunden später „verließ ein von Grund auf gewandelter Böck die ultramoderne Redaktion des Boulevard-Blattes: Moralisch aufgerüstet, zu Tränen gerührt.“ bg

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