Zahlenspielereien

■ Wer gewinnt was bei Lotto und Glücksspirale?

Was haben Spanier und Deutsche gemeinsam? Nun, sie träumen vom großen Gewinn in der Lotterie. Neben den Spaniern sind die Deutschen europaweit die begeistertsten Lotto- und Lotteriespieler. Über zwölf Milliarden Mark gaben die Altbundesbürger 1990 für staatlich legitimierte Glücksspiele aus, Spielbanken und Glücksspielautomaten nicht einberechnet. Zwischen 20 und 80 Mark lassen sich Altbürger laut einer Umfrage der Stiftung Warentest den Traum vom großen Gewinn monatlich kosten. Da dürfen auch die neuen Bundesländer nicht fehlen. Mehr als die Hälfte aller Lottospieler riskiert immerhin schon 20 Mark pro Monat, um den Traum vom eigenen Häuschen zu verwirklichen. Das steht nämlich an der Spitze aller Wünsche bei der Frage: „Was wäre, wenn...“

Aber der Konjunktiv ist hier sehr wohl berechtigt. Statistisch gesehen ist die Chance, einhundert Jahre alt zu werden, 23.000mal größer, als sechs Richtige im Lotto zu erlangen. Trotzdem, lassen Sie sich dadurch nicht verunsichern, bringen Sie Ihren Tipschein ruhig zur Lottoannahmestelle. Immerhin ist Ihre Chance, auf dem Wege dorthin bei einem Verkehrsunfall das Leben zu verlieren, mit 1:8.130 noch 1.750mal größer als die Chance auf den Hauptgewinn.

Aber es muß ja nicht immer das große Geld oder gar der Jackpot sein. Viele Tipper freuen sich schon, wenn sie einen kleinen Gewinn einstreichen können, der den Einsatz zurückbringt. Damit sieht es beim Lotto schon wieder besser aus. Immerhin beträgt die Ausschüttungsquote beim Zahlenlotto fünfzig Prozent. Das bedeutet für Ihre Gewinnwahrscheinlichkeit ein Verhältnis von 1:53,7 beim Samstagslotto. Beim Mittwochslotto verdoppeln sich Ihre Chancen noch einmal, weil es dort zwei Ziehungen gibt. Und dann gibt es ja auch noch die Spielsystemanbieter, die Ihnen suggerieren, daß man den fallenden Kugeln mit Berechnung zu Leibe rücken kann. Ginge das wirklich, hätten sich diese Anbieter längst zur Ruhe gesetzt.

30 Prozent der West- und 36 Prozent der Ostbürger nehmen an den Fernsehlotterien teil, weil sie „damit ein gutes Werk tun“. Das ist gut so, denn die Hälfte, die sich wegen des Gewinns beteiligt, wartet meist vergeblich: Die Ausschüttungsquote bei der Goldenen 1 liegt lediglich bei 26,2 Prozent. Und auch die Quote vom Wim Toelkes Großem Preis läßt mit 27,2 Prozent zu wünschen übrig. Ein Glück ist es da, daß die verlorenen Gelder der Aktion Sorgenkind zugute kommen. Etwas besser, aber auch nicht gerade lukrativ, sind die Quoten bei der vom Deutschen Lotto- und Totoblock für ARD und ZDF durchgeführten Glücksspirale.

Bei den Zahlenspielereien kann auf lange Sicht nur einer gewinnen: der Veranstalter. Auch der Staat verdient über die Lotteriesteuer und andere Abgaben an der Spielfreude seiner Bürger. Ganze 1,4 Milliarden Mark durfte Minister Waigel 1990 in sein Finanzsäckel schütten. 16,3 Prozent der Lottosteuer sowie Konzessionsabgaben kassieren die Bundesländer, die das Geld für kulturelle, soziale oder karitative Zwecke verwenden. Einzig in Bayern werden die Mittel einfach für den Landeshaushalt gebucht. So gesehen sind Lotto- und Lotteriespiele nichts anderes als eine populäre Art von Sondersteuer mit geringfügiger Gewinnmöglichkeit. Peter Huth