„MISS BEAUTY“ HAT SCHWIERIGKEITEN MIT LITAUENS STAATSANWALTSCHAFT

Spieler erobern den Osten

Vilnius (taz) — Gill Gotfried, schillernder Lebemann aus Tel Aviv, kam mit seiner nicht weniger schillernden britischen Firma „Miss Beauty of the World Ltd.“ Ende 1989 nach Polen. Im mazurischen Mragowo hatte ein polnischer Neureicher namens Daniel Sokol gerade Polens erstes privates Spielcasino aufgezogen. Er brauchte, um in den Genuß der Steuerfreiheit für Joint ventures zu kommen, einen ausländischen Partner. Gotfrieds Miss Beauty übernahm 49 Prozent. Erst über ein Jahr später stellten die Behörden überrascht fest, daß „Casino 2000“ nahezu alle notwendigen Genehmigungen fehlten. Daß ihnen die Betriebsgenehmigung entzogen und schließlich sogar ihre Firma von Amts wegen aufgelöst wurde, nahmen sich Gotfried und Sokol allerdings nicht sonderlich zu Herzen: Monatelang betrieben sie ihr Casino einfach illegal weiter. Als es dann geschlossen wurde, hörte man von Gotfrieds seltsamer Firma erst einmal eine Zeitlang nichts mehr.

Jetzt ist Gotfried wieder da — in Litauen. „Miss Beauty of the World“ ist gut unterrichteten Kreisen in Vilnius zufolge gerade dabei, die Länder der ehemaligen Sowjetunion mit einem Netz von Spielhöllen zu überziehen. Gotfried ist zur Zeit im Vilnaer Staatshotel Draugyste abgestiegen und möchte, wie aus seiner Umgebung zu erfahren ist, in Vilnius ein Casino und im südlitauischen Siauliai ein Sport- und Freizeitzentrum, ebenfalls mit Casino, errichten. Weitere Projekte sollen in Krasnodar und Armenien entstehen.

In Litauen, das derzeit von zahllosen dubiosen Investoren heimgesucht wird, scheint es Gotfrieds Firma allerdings nicht ganz so einfach zu haben wie in Polen. So läuft inzwischen ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen ihn, und die jüdische Gemeinde von Vilnius hat protestiert, weil Gotfried, selber jüdischer Abstammung, sein erstes Projekt ausgerechnet auf das Gelände des ehemaligen jüdischen Friedhofs stellen wollte. Klaus Bachmann