Baulöwe klagt gegen Milieuschutz

■ Die berüchtigte Baufirma von Kurt Franke klagt gegen die Milieuschutzsatzung in Tiergarten, weil sie eine Luxusmodernisierung in einem Haus durchsetzen will, das sie seit fünf Jahren leerstehen läßt

Tiergarten. Die Baufirma des kürzlich verstorbenen Großbauunternehmers Kurt Franke klagt heute vor dem Verwaltungsgericht gegen die Erhaltungs- und Milieuschutzsatzung im Stefanskiez in Tiergarten. Durch diese Satzung, die letztes Jahr vom Bezirksamt gegen Widerstände im Senat durchgesetzt wurde, sollen die Mieten auf einem sozialverträglichen Niveau festgeschrieben werden. Das kollidiert offenbar mit den Wünschen der in Tiergarten berüchtigten Baufirma, die im Stefanskiez fünf Häuser besitzt. Um eines dieser Häuser geht es in der Klage, nämlich um die Stromstraße 33, Ecke Birkenstraße 51. Franke versucht, die Luxusmodernisierung des Hauses gerichtlich durchzusetzen.

Die Firma Franke, die auch nach dem Tod des Namensgebers noch in Familienbesitz ist, kaufte die Stromstraße, Ecke Birkenstraße im Jahr 1974 vergleichsweise preiswert vom Land Berlin. Die Firma, damals wie heute offizieller Sanierungsträger in Tiergarten, setzte von Anfang an auf Abriß und Neubau. So ließ Franke die Häuser an der Birkenstraße — bald kaufte die Firma noch die angrenzenden Gebäude Birkenstraße 52 bis 55 dazu — immer mehr herunterkommen, trotz mehrerer, allerdings nur schüchtern angemahnter Auflagen des Bezirksamtes. 1987 brannte sogar das Eckhaus ab. Die Polizei sprach von Brandstiftung, ein Schuldiger wurde jedoch nie gefunden. Franke, gegen den inzwischen ein Ermittlungsverfahren wegen Bestechung diverser Bezirkspolitiker lief, sah sich nun erst recht nicht bemüßigt, das nunmehr leerstehende Haus instand zu setzen, obwohl die Feuerschutzversicherung 1,3 Millionen Mark dafür auszahlte. Statt dessen stellte er einen Abrißantrag für alle fünf Häuser in der Birkenstraße, den das Bezirksamt ablehnte.

Ein Gutachten im Auftrag der Senatsbauverwaltung stellte daraufhin fest, daß es möglich sei, das Eckhaus für die Versicherungssumme von 1,3 Millionen Mark instand zu setzen. Zudem bot man der Firma öffentliche Förderung an, was diese jedoch ablehnte. Seitdem rührt sich nicht mehr viel in der Birkenstraße, die Häuser verfallen weiterhin. 1988 wurden immerhin die Häuser Birkenstraße 53 bis 55 unter Denkmalschutz gestellt, da sie den »Beginn des spekulativen Mietshausbaus in der Berliner Vorstadt dokumentieren«, wie es in der Begründung des Landeskonservators hieß. Das galt jedoch nicht für das Eckhaus, das wohl ausschließlich die Spekulation jüngerer Zeit dokumentiert.

Nach einem weiteren Brand in der Birkenstraße 52, der zwei weitere Wohnungen unbewohnbar machte, bat das Bezirksamt die Senatsbauverwaltung, ein Modernisierungsgebot für das Eckhaus zu verhängen. Etwa gleichzeitig wurde die Erhaltungssatzung aufgestellt, nicht zuletzt wegen dieser fünf Problemhäuser. Schließlich erteilte das Bezirksamt Franke die Auflage, das Eckhaus in den ursprünglichen Zustand zu versetzen, und lehnte seinen Antrag auf Luxusmodernisierung ab.

Gegen beides klagt Franke nun und damit auch gegen die Erhaltungssatzung. Die Satzung sei, so die Firma in ihrer Klage, nicht auf leerstehende Gebäude anzuwenden. »Eine hahnebüchene Begründung«, meint der Chef der Tiergartener Stadterneuerungsgesellschaft S.T.E.R.N., Jürgen Schweinberger. »Das würde Hauseigentümer belohnen, die ihre Häuser rechtswidrig leerräumen.« esch