RAF-Gefangene Schulz sagt zur Stasi-Connection aus

■ Adelheid Schulz verneint gemeinsame Planung von Anschlägen durch RAF und Stasi/ Übungsschießen erst 1982

Koblenz (taz) — Erstmals hat sich am Donnerstag mit Adelheid Schulz eine Gefangene aus der RAF, die nicht zu der Gruppe der sogenannten AussteigerInnen zählt, als Zeugin ausführlich zu den Kontakten der Guerillagruppe mit dem Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR geäußert. Heidi Schulz wies als Zeugin im Prozeß gegen Inge Viett die Darstellung zurück, die RAF habe als Vorbereitung für ihre Anschläge gegen US-General Frederick Kroesen und den US- Stützpunkt Ramstein im Frühjahr 1981 in der DDR eine Ausbildung im Umgang mit einer Panzerfaust RPG7 erhalten. Ein Übungsschießen mit diesem Waffentyp — der auch beim Kroesen- Anschlag verwendet worden war — habe erst im Frühjahr 1982, also nach den beiden Anschlägen stattgefunden und habe deshalb nicht der Vorbereitung von RAF-Aktionen dienen können, sagte Heidi Schulz vor dem Koblenzer Oberlandesgericht.

Inge Viett datiert das Schießen auf das Frühjahr 1981. „Ich weiß nicht, warum Inge Viett bei der Fälschung mitmacht“, sagte Schulz in Anlehnung an eine gemeinsame Erklärung von ihr und anderen RAF-Gefangenen. Das Interesse der Bundesanwaltschaft an der „Datumsfälschung“ sei jedoch evident: Mit dem Versuch, die RAF- Aktionen als von der DDR maßgeblich vorbereitet und gesteuert darzustellen, solle „die Existenz einer über zwei Jahrzehnte hinweg unabhängigen, authentischen bewaffneten Politik gegen die Herrschenden geleugnet werden. Wenn schon nicht der bundesdeutsche Staatsschutz uns im Griff hatte, dann muß wenigstens eine andere Macht hinter unseren Aktionen stehen. Das wird an diesem Datum festgemacht und propagiert“, sagte Schulz. Das Absolvieren einer Waffenausbildung habe zu dieser Zeit „absolut nicht“ in das RAF-Konzept gepaßt. Der Schwerpunkt der RAF habe in der Arbeit an der politischen Analyse der Zeit nach 1977 und dem Versuch, daraus gemeinsam mit anderen militanten Gruppen Konzepte für die Weiterführung der bewaffneten Politik zu entwickeln, bestanden. Auch 1982 sei das im Zuge der bekanntgewordenen RAF-Stasi- Kontakte in verschiedenen Medien hochgespielte Panzerfaust-Schießen keinesfalls ein Schwerpunkt der DDR-Kontakte gewesen. Vielmehr habe die Gruppe die Kontakte zur DDR gehalten, um zu erfahren, wie es ihren dort untergebrachten früheren GenossInnen ergehe.

Nach dem Ramstein-Anschlag, bei dem ein Teil des Sprengstoffs nicht explodiert war, habe die RAF „ein paar begrenzte Fragen zum Sprengstoff“ an die sie betreuenden Mitarbeiter der Nationalen Volksarmee gehabt. Nie hätte das MfS oder sonst eine Behörde in der DDR Informationen über RAF-Aktionen bekommen oder gar bei deren Vorbereitung mitgewirkt. „Dazu war uns unsere Unabhängigkeit zu wichtig.“ Dem Bundeskriminalamt hielt Schulz vor, genau zu wissen, daß die RAF vor ihrem Anschlag in Ramstein kein militärisches Wissen über Sprengstoffe gehabt habe. „Der Sprengstoff hätte dann ganz bestimmt professioneller ausgesehen“, sagte sie. Thomas Krumenacker