■ KEIN GERÜCHT
: Georg suchte Eberhard bei Lech

Georg suchte Eberhard bei Lech

Königskinder sind sie beide nicht, aber der Graben zwischen ihnen war in den letzten Monaten sehr tief. Monatelang habe er sich um einen Termin bei Eberhard Diepgen bemüht, klagte Polizeipräsident Georg Schertz am Mittwoch. Erst am Rande eines Essens für den polnischen Staatschef Lech Walesa am 2. April sei es ihm gelungen, »den Herrn Regierenden Bürgermeister anzusprechen« und ihn »um eine dringende Unterredung zu bitten«. Die habe Diepgen zugesagt. Doch nie habe er einen Termin bekommen.

Diepgens Mitarbeiter geben diesen Vorwurf an Schertz zurück. Er habe einen reichlich ungewöhnlichen Weg gewählt, Diepgen um einen Termin zu bitten. Korrekt und erfolgversprechend wäre es gewesen, wenn das Büro des Polizeipräsidenten mit dem Büro von Diepgen ein Gespräch vereinbart hätte.

Solche Lappalien waren es, die Diepgen und Schertz angeblich nicht zusammenkommen ließen, und als der Senatschef am Donnerstag den Polizeichef ganz kurzfristig doch noch eingeladen hatte, da ging es zwischen beiden nur noch darum, »die Fronten zu klären«. So schildert man es in der Umgebung von Schertz, während Diepgens Mitarbeitern das Treffen offenbar so merkwürdig vorkam, daß sie es am liebsten als Staatsgeheimnis behandelt hätten.

Schertz hat im Roten Rathaus gelernt, daß Diepgen nicht bereit ist, seinen Innensenator Dieter Heckelmann zu opfern, um Schertz zu halten. Alles andere wäre auch höchst merkwürdig gewesen. Schließlich hatte Diepgen im Januar 1991 persönlich dafür gesorgt, daß sein Freund Heckelmann Senator wurde. Zeigt der Regierende nun öffentlich, daß er mit dem Innensenator nicht vollständig zufrieden ist, schadet er nicht nur Heckelmann — sondern auch sich selbst.

FDP-Chefin Carola von Braun muß sich zur Zeit ebenfalls mit Personalfragen beschäftigen. FDP-Landesgeschäftsführer, Knut-Michael Wichalski, der noch aus der Truppe des rechtslastigen Ex-Parteichefs Hermann Oxfort stammt, geht zurück in die freie Wirtschaft. Viele Liberale weinen ihm keine Träne nach. Grund: Wichalski war auch für die Plakate mit der aufrüttelnden Parole »Bilanz ziehen!« verantwortlich, mit denen die FDP in den Kommunalwahlkampf zog. Unter dem Strich bedeutete das Wahlergebnis für die Freidemokraten, in keiner einzigen BVV des Ostteils vertreten zu sein, wohl aber in sieben Bezirken des Westens. In Prozenten, tröstet sich Wichalski, habe die FDP zugelegt. Hans-Martin Tillack