Berufsberlin trauert um »Abendschau«

■ Das erfolgreiche Regionalmagazin muß nun doch seichten Serien und Werbeblöcken weichen und wird vom Ersten ins Dritte Programm verbannt

Charlottenburg. Die Demontage des SFB von oben nimmt kein Ende: Gegen den Widerstand der MitarbeiterInnen will die Chefetage die Abendschau nun doch in das Dritte Programm verbannen. Vermutlich ab Oktober soll die Vorabendsendung, die momentan im Ersten Programm des SFB läuft, zum »Flaggschiff« eines eigenen Dritten werden. Dann nämlich muß der SFB die Nordkette (N3) verlassen, die nur noch vom NDR und Radio Bremen bestritten wird.

Damit wird sich der SFB doch noch der »Vorabend-Vollharmonisierung« der ARD anschließen, bei der das Erste Programm von 18.30 bis 20 Uhr in Häppchen aus populistischen Serien, Werbeblöcken und verkürzten regionalen Informationen zerteilt wird. Die ARD hatte die Harmonisierung beschlossen, um mehr Werbeeinnahmen durch national »durchschaltbare« Werbeblöcke zu erzielen. Dem SFB und Radio Bremen war jedoch erlaubt worden, aus der Regelung auszuscheiden und die Regionalmagazine im Ersten zu belassen. Der Abschiebung der Abendschau ins Dritte Programm muß jetzt noch der Verwaltungsrat des SFB zustimmen. SFB-Sprecher meinten gegenüber der taz, daß niemand die Abendschau »gern« ins Dritte verlege. Dies sei vielmehr ein »Zwang«, weil Zuschauer sonst zum Ersten des ORB abwanderten, und der SFB Werbegelder verliere. Auch der SFB müsse die bundesweit versendeten Serien in seinem Ersten Programm unterbringen.

Die Vertretung der SFB-Redakteure, der sogenannte Redakteursausschuß, lehnt die Absicht der SFB- Geschäftsleitung ebenso ab wie sämtliche MitarbeiterInnen der »Hauptabteilung Regionales«, von der auch die Abendschau produziert wird. Ihr Argument: Mit der Verlegung würde die Abendschau, die neben dem bremischen Buten und Binnen die erfolgreichste ARD-Regionalsendung ist, vermutlich die Hälfte der Einschaltquote von 20 Prozent verlieren. Der Redakteursausschuß in einem offenen Brief an den Intendanten: »Es darf nicht angehen, daß das journalistische Kernstück des Senders derart beschädigt wird. Eine öffentlich-rechtliche Anstalt sollte ihre Kunden nicht von ihrer wichtigsten Informationssendung weg in den seichten Pool trivialer Unterhaltungsserien treiben.«

Das Argument der SFB-Geschäftsleitung, so die Mitarbeiter, daß der Sender ohne Harmonisierung von der nationalen ARD-Werbung ausgeschlossen werde, ziehe nicht. Dafür gebe es keine rechtliche Grundlage. Außerdem sei das »harmonisierte« Programm ja auch über das Erste Programm des ORB in Berlin zu empfangen. Belasse man die Abendschau im Ersten, dann würde vielmehr »für die werbetreibende Wirtschaft die Attraktivität durch ein zusätzliches Programmangebot mit zusätzlicher Reichweite noch erhöht.« Hans-H. Kotte