Nullsummenspiel

■ Jede Mark, die im Sozialbereich zusätzlich ausgegeben wird, soll dort auch eingespart werden

„Ich weiß nicht, was Kohl gesagt hat. Ich hab' das nicht näher verfolgt“, so ein Sprecher des Finanzministeriums. Und auch Regierungssprecher Bernhard Vogel hatte Wichtigeres zu tun, als den Worten des Kanzlers zu lauschen. So konnten denn auch beide nicht sagen, was der Regierungschef konkret im Sinn hatte, als er von Einsparungen beim sozialen Netz sprach. „Wenn man annimmt, daß Kohl sich was dabei gedacht hat, dann bereitet er den sozialen Kahlschlag vor“, beurteilte SPD-Vize- Fraktionschef Dreßler die Kanzlerrede.

Die Koalition ist der Ansicht, daß die deutsche Wirtschaft nicht weiter durch eine Erhöhung der Lohnnebenkosten belastet werden darf, soll sie auf dem internationalen Markt nicht einmickern. Das müsse bei der Ausgestaltung der Pflegeversicherung ebenso als Leitlinie dienen wie bei der Frage, ob im Krankheitsfall künftig die Arbeitgeber allein für die Lohnfortzahlung zuständig sein sollten, so Vogel. Noch im Juli soll über die Eckpunkte entschieden werden. In der Regierung ist man sich einig, daß jede Mark, die im Sozialbereich zusätzlich ausgegeben wird, auch bei den Sozialleistungen eingespart werden müsse. Und Finanzminister Waigel hat vorgegeben, daß die Ausgaben nur um 2,5 Prozent steigen dürfen.

Konsens besteht in Bonn inzwischen darüber, daß eine Pflegeversicherung notwendig ist. Den im Zuge der Paragraph-218-Reform vereinbarten Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz soll es nach den Plänen der Regierung erst 1999 geben.

Vorrangiges Ziel der Vorschläge von Gesundheitsminister Seehofer ist das Einfrieren der Krankenkassenbeiträge, so daß der Arbeitgeberanteil konstant bleibt. Die dennoch steigenden Kosten werden in erster Linie die Kranken zu tragen haben. (siehe Seite 11)

Einsparungen in Höhe von vier bis fünf Milliarden Mark bei der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg hat Finanzminister Waigel im Mai angekündigt. Noch ist unklar, welche Maßnahmen gestrichen werden sollen. Im Gespräch sind vor allem Sprachlehrgänge für Aussiedler, die aber nur schlappe 400 Millionen des insgesamt 85 Milliarden Mark großen Haushalts ausmachen. Gekürzt wird vermutlich auch bei ABM-Maßnahmen; das trifft vor allem die OstlerInnen, an die gegenwärtig 7,2 der insgesamt 9,3 Milliarden Mark ABM- Mittel überwiesen werden. aje