Massaker in Slum bei Johannesburg

200 mit Macheten, Speeren und Schußwaffen Bewaffnete überfallen das „Slovo Camp“ und töten 34 Menschen/ Tatverdacht fällt auf die Zulu-Bewegung Inkatha/ Polizei soll Beihilfe geleistet haben  ■ Aus Johannesburg Hans Brandt

Mindestens 34 Menschen wurden in der Nacht zum Donnerstag ermordet, als etwa zweihundert mit Macheten, Speeren und Schußwaffen bewaffnete Männer die Slumsiedlung „Slovo Camp“ bei Boipatong südlich von Johannesburg stürmten. Augenzeugen behaupteten, daß die Angreifer Anhänger der Zulu-Partei Inkatha aus einem nahegelegenen Wohnheim für Wanderarbeiter waren. Sie seien von der Polizei unterstützt worden. Die Situation in Boipatong blieb gespannt, nachdem gestern nachmittag erste Racheakte gegen Zulus verübt worden waren.

Unter den Ermordeten waren zahlreiche Frauen und Kinder; einer schwangeren Frau wurde der Bauch aufgeschlitzt. Überlebende berichteten, daß die Angreifer in Panzerwagen der Polizei in die Slumsiedlung gebracht worden waren. Das wahllose Morden und Zerstören von Slumhütten dauerte die ganze Nacht an und dehnte sich später auch auf das angrenzende Wohngebiet Boipatong aus. Der Afrikanische Nationalkongreß (ANC) behauptete in einer Erklärung, daß Polizei und Unfallwagen Berichte von dem Angriff in der Nacht ignorierten.

Hauptmann Craig Kotze, ein Sprecher der Polizei, meinte am Donnerstag, daß die am Dienstag begonnene ANC-Protestkampagne den Gewaltausbruch verursacht habe. „Es ist jetzt vollkommen deutlich, daß die politische Temperatur in eine unerträgliche Höhe getrieben und damit ein Klima geschaffen worden ist, das solche Angriffe sehr viel leichter zuläßt“, sagte Kotze.

Der ANC will mit seiner mehrwöchigen Kampagne Druck auf die Regierung ausüben, um Verhandlungen über eine neue Verfassung für Südafrika zu beschleunigen. Zwar hat es seit Beginn der Kampagne am Dienstag kaum direkt durch Demonstrationen ausgelöste Gewaltausbrüche gegeben. Aber in einer Reihe von wahllosen nächtlichen Angriffen sind Dutzende von Menschen ermordet worden. In fast allen Fällen glaubten Augenzeugen, daß es sich bei den Angreifern um Mitglieder von Inkatha handelte.

Inkatha-Führer haben andererseits immer wieder betont, daß Mitglieder der Partei nur aus Selbstverteidigung zu den Waffen greifen würden. Allerdings warnte Inkatha- Präsident Häuptling Mangosuthu Buthelezi am Dienstag, daß er seine Anhänger zur Gewalt aufrufen könnte, wenn seiner Forderung nach stärkerer Vertretung für Zulus in den gegenwärtigen Verhandlungen über Südafrikas Zukunft nicht nachgegeben würde.

„Ohne die Beteiligung der Zulus an der Formulierung der Verfassung sehe ich eine dunkle Wolke am Horizont“, hatte Buthelezi gesagt. „Das Herz ist mir schwer, denn ich habe in den drei Jahrzehnten meiner politischen Karriere Gewalt abgelehnt. Aber wenn diese Position andauert, kann ich mir die Möglichkeit vorstellen, daß ich meine Leute auch durch diese dunklen Wasser führen muß.“

Die aggressive Rolle, die die Zulu-Partei bei vielen Gewalttaten spielte, war vergangene Woche in einem Bericht der Menschenrechtsorganisation amnesty international hervorgehoben worden. Dabei warf amnesty auch der Polizei vor, Angriffe von Inkatha wiederholt toleriert oder gar unterstützt zu haben. Die Vorwürfe wurden von Polizei und Inkatha zurückgewiesen.