Drei Opernhäuser im Ring

■ und kein Champion in Sicht. Eine Bilanz zum Ende der Spielzeit

Die erste Runde im edlen Wettstreit der drei Berliner Opernhäuser ist so gut wie gelaufen — und man muß sagen, sie war erstaunlich langweilig: keine blauen Augen, kein Knock-out, aber auch weit und breit kein Champion in Sicht. Kupfers Komische Oper liegt im Dornröschenschlaf und hat, abgesehen von Katzers Antigone, nichts nennenswert Neues auf die Beine gestellt. Die alte Tante Lindenoper dagegen, die sich vorläufig noch (bis Barenboim kommt) mit großen Worten und einigen Wiederaufnahmen über Wasser hält (Von der Afrikanerin reden wir lieber nie wieder) — die tut sich schwerer, als es die schärfsten Hetzartikler haben vermuten können: Wie auf einer Pressekonferenz am vergangenen Donnerstag bekanntgegeben, hat eine Besucherumfrage in nackten Zahlen den Beweis erbracht, daß das Renommé des Hauses nicht nur im Spiegel der Presse tief gesunken ist — auch das Stammpublikum zeigt sich enttäuscht: nur 16,9 Prozent loben die künstlerische Leistung, dagegen finden rund 57 Prozent, das Beste seien Architektur und Ambiente.

Mit anderen Worten: Schön an der Lindenoper ist nur die Lindenoper. Bespielt werden muß sie nicht unbedingt. Auch, daß der neue (West-)Indendant Quander alte Lehrstücke wieder aufwärmen läßt (Zur Wahrung der Osttradition), scheint vergebene Liebesmüh': immer noch sitzt, so sagt die Statistik, vorwiegend zahlungskräftiges Westpublikum im Parkett und auf den Rängen. Man hat also, weil es eh egal ist, jetzt noch einmal ordentlich die Preise erhöht. Und unverdrossen packt die neue Leitung immer tollere Schnapsideen auf den Tisch: für die Jubiläumsspielzeit 92/93 sind drei große Opernbälle, drei Openair-Spektakel und nicht weniger als sechs Premieren angekündigt: Cleopatra & Cesare (Graun), die Brautwahl (Busoni), Romeo und Julia (Bellini), Capriccio (Strauss) sowie ein Verdi und ein Wagner. Was realisiert werden kann, steht noch in den Sternen, denn die Finanzdecke ist dünn. Sicher ist nur: Spätestens zum Parsifal kommt Barenboim. Bestimmt.

Die Deutsche Oper in der Bismarckstraße hat gleichfalls schwer gespart und zwei Neuinszenierungen streichen müssen in dieser Saison. Immerhin blieb sie mit dreien am Ball und damit Punktsieger, wenn nicht gar, dank Krämers Zauberflöte, immer noch Titelverteidiger. In der kommenden Spielzeit setzt sie auf solide Wertarbeit. Jeden Montag bleibt das Haus geschlossen. Eröffnet aber werden Saison und 42. Berliner Festwochen mit einer prestigeträchtigen Uraufführung (Reimanns Schloß) — und auf einer Pressekonferenz hat sich am 30. Mai der neue Generalmusikdirektor Raphael Frühbeck de Burgos vorgestellt. Alle sind darob hochzufrieden, nicht nur Friedrich, auch Orchestervorstand und Personalrat strahlen eitel Harmonie. Frühbeck de Burgos ist nämlich ein Mann für jede Jahreszeit: ein Praktikus, kein Luftikus.

Er verbürgt sich erstens für Präsenz (d.h. für das Dirigat von 40 Vorstellungen und zwei Neuinszenierungen jährlich) sowie zweitens für ein breites Repertoire. Breit, das heißt fürs erste mal wieder: Verdi und Wagner. Und Strauss natürlich. Angesagt sind an der Deutschen Oper ein neuer Don Carlos, neue Meistersinger und ein neuer Rosenkavalier. Nichts Neues vom Tage. Es darf gegähnt werden. Elisabeth Eleonore Bauer