„Wir müssen jetzt zusammenhalten“

Treffen der Gleichstellungsbeauftragten des Landes Sachsen: Auf der Suche nach einem Profil/ Zu wenig Kompetenzen/ „Es scheint, als rückten die speziellen Probleme von Frauen in den neuen Bundesländern zunehmend an den Rand“  ■ Aus Dresden Nana Brink

Die Decke des Tagungssaales der sächsischen Staatskanzlei ziert ein bombastisches Fresko. Der neobarocke Kitsch zeigt die umtriebigen Sachsen allegorisch zu Lande, zu Wasser, auf dem Feld, in der Fabrik und in der Wissenschaft. Die dargestellten Personen sind selbstredend männlichen Geschlechts, — bis auf die Kunst. Sie darf sich in Gestalt der nackten Muse auf einer Schaumkrone wälzen. „Müssen Frauen immer nackt sein, um ins Museum zu kommen?“, fragte Friederike de Haas und lenkte die Blicke der versammelten Frauen nach oben.

„Meine Damen, wir stehen erst am Anfang“, fügte die Parlamentarische Staatssekretärin für die Gleichstellung von Frau und Mann des sächsischen Freistaates (siehe Portrait) hinzu, „auch wenn sich die Regierung von Sachsen entschieden hat, die Frauen zu fördern“. In ihrem Amt von Biedenkopfs Gnaden habe sie in knapp zwei Jahren zwar den Anfang gefunden, aber noch nicht den Ausgang „dieses Experimentes“ entdeckt. „Es scheint, als rücken die speziellen Probleme von Frauen in den neuen Bundesländern zunehmend an den Rand“, überraschte sie ihr Auditorium mit dieser bemerkenswerten Neuigkeit. Daran hätten auch die Frauen-Förderrichtlinien, die vor einem Jahr in Sachsen verabschiedet wurden, ebensowenig etwas geändert, wie der hart umkämpfte Paragraph 8 der sächsischen Landesverfassung, der Frauenförderung als Landesaufgabe fest- bzw. wegschreibt.

Über 100 Frauenbeauftragte aus Gemeinden und Landratsämtern des Freistaates kamen auf ihre Einladung Mitte der Woche in die Dresdner Staatskanzlei, um sowohl die eigene Befindlichkeit als auch „Strategien für die Zukunft“ zu diskutieren. Letzteres allerdings vertagte man auf spätere Zeiten. „Es muß uns darum gehen, das Profil unseres Postens zu verbessern. Die meisten wissen doch gar nicht, was eine Gleichstellungsbeauftragte überhaupt ist.“

Von höchster sächsischer Gleichstellungsstelle nun wolle man ein detaillierteres Profil, als es der vorgelegte Entwurf für ein Gleichstellungsgesetz vorsieht, erarbeiten. Wichtig sei dies auch vor dem Hintergrund der Diskussion um den Entwurf für eine neue Gemeindeordnung, die Gleichstellungsbeauftragte in allen Gemeinden ab 10.000 Einwohnern vorsieht.

Wie schwierig die Arbeit einer Frauenbeauftragten sein kann, wie unterschiedlich auch die Arbeit in der Stadt oder auf dem Land, wurde in den Beiträgen von drei Frauen aus Dresden und dem vogtländischen Auerbach klar. „Meine Arbeit ist doch nur ein Feigenblatt“, resümierte Brunhilde Friedel, Frauenbeauftragte der Stadt Dresden. Da ihr klare Kompetenzen fehlen, zum Beispiel an Informationen über Personalentscheidungen zu kommen, könne sie auch nicht eingreifen. An die Adresse von Friederike de Haas richtete sie den Vorwurf, trotz zweijähriger Tätigkeit immer noch keine gesetzliche Grundlage auf Länderebene geschafft zu haben.

Ähnliche Erfahrungen mußte auch Uta Griebner, Gleichstellungsbeauftragte beim Landratsamt Dresden, machen. Nach wie vor werde ihr die Beteiligung an Auswahlverfahren bei Stellenbesetzungen verweigert. Ihr Frauen-Förderplan — „schon der Name hat bei den Herren Schaudern hervorgerufen“ — schmort seit Monaten beim Landrat.

Es geht jedoch auch anders. Enke Schöffler, seit September 1990 beim Landratsamt im vogtländischen Auerbach, kann sich über ihre Arbeit nicht beklagen. Sie ist direkt dem CDU-Landrat unterstellt, der die engagierte Feministin vom Runden Tisch in sein Amt holte. Sie ist beratendes Mitglied des Personalausschusses, hat Einblick in alle Stellenausschreibungen und sicherte sich das Rederecht im Kreistag. In dem 22.000 Einwohner zählenden, dörflichen Auerbach hat Enke Schöffler schon viel erreicht. Seit Mai 1991 gibt es hier ein Frauenhaus, das vom Landratsamt finanziert wird, und seit Dezember ein Frauen- und Begegnungszentrum. Als Stabsstelle beim Landratsamt hat sie sogar eine Mitarbeiterin und bald auch eine Praktikantin an ihrer Seite.

Trotzdem beschreibt sie ihre Arbeit als heikel. „Jede Frauenbeauftrage im ländlichen Raum muß wissen, daß sie für die Verwaltung meist zu progressiv und für die autonome Frauenszene zu lasch ist. Und viele Frauen hier kann man nicht mit feministischen Parolen agitieren. Die habe andere Probleme“. Von einem ausgefeilten Profil für ihren Job, wie er auf dem Treffen diskutiert werden sollte, hält sie wenig. „Unsere Arbeit ist so vielschichtig, daß sie nicht in Paragraphen zu pressen ist. Es kommt momentan eher auf die Frau an, die auf dem Posten sitzt“.

Ob der gesetzliche Rahmen in Sachsen bald geschaffen wird, hängt vom Ausgang der Diskussion über den kürzlich von Friederike de Haas vorgelegten Entwurf für ein Gleichstellungsgesetz ab, der nach einer Kabinettsrunde noch vor der Sommerpause in den Landtag soll.