Schalcks Präsente für Mielkes Truppen

KoKo-Boß Schalck-Golodkowski besorgte im Westen Spezialwaffen für Stasi-Kommandos  ■ Aus Bonn Thomas Scheuer

Der frühere DDR-Devisenagent Alexander Schalck-Golodkowski hat Spezialeinheiten des ehemaligen DDR-Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) sowie der Nationalen Volksarmee mit Waffen und Spezialausrüstung aus Nato-Produktion versorgt.

In einem Schreiben an den Tschekisten-Häuptling Mielke vom 29.Juni 1988, das der taz in Kopie vorliegt, meldet Schalck dem „lieben Genossen Minister“, er habe soeben wieder mal eine Sendung „moderne Waffensysteme für Spezialeinheiten einschließlich Munition“ im Westen geordert. „Ich gehe davon aus“, schreibt Schalck, „daß Sie in unserem Organ eine gute Verwendung finden.“ Die Lieferung sei in der zweiten Hälfte August 1988 vorgesehen; Mielke möge einen Vertrauensmann benennen, „der die Waffensysteme bei uns übernimmt. Ich hoffe, daß wir damit einen kleinen Beitrag zur Stärkung unserer Spezialeinheiten leisten können.“

Schalcks kleine Beiträge der besonderen Art beweisen einmal mehr, was der bis heute vehement leugnet: seine enge Anbindung an Mielkes Stasi-Ministerium, dem er als „Offizier im besonderen Einsatz“ (OibE) mit dem Gehalt eines Generalmajors diente. Schalcks MfS-Connection soll einen Schwerpunkt bei seiner zweiten Vernehmung durch den Untersuchungsausschuß des Bundestages in der kommenden Woche bilden.

Rüstungshilfe für die Kommandos der Stasi durch Schalcks „Kommerzielle Koordinierung“ (KoKo) war kein Einzelfall, sondern hatte System. Der Außenhandelsbetrieb IMES, der in Schalcks Schattenreich zuständig war für den internationalen Waffenhandel, unterhielt eine „spezielle Beschaffungsgruppe“, die über Scheinfirmen und Waffenhändler im Westen hochkarätige militärische Nato-Embargoware zu besorgen hatte. Tätig wurde die Gruppe, so berichten ehemalige IMES-Leute, jeweils auf direkte Weisung Schalcks und Mielkes. Für die Nationale Volksarmee etwa kaufte sie über einen österreichischen Waffenhändler Pilotenhelme mit Nachtsichtgeräten eines US- Herstellers für knapp 20.000 Westmark das Stück ein.

Ganz oben auf Schalcks Einkaufsliste standen die Wünsche der Stasi- Sonderkommandos. Die waren besonders scharf auf Produkte der schwäbischen Waffenschmiede Heckler & Koch, die eigentlich die bewaffneten Formationen des Klassenfeindes, von Bundeswehr bis GSG9, mit Schießeisen aller Art auszurüsten hatte. Auch unter den „modernen Waffensystemen“, die Schalck seinem Chef Mielke im Juni 1988 freudig avisierte, befanden sich Waffen der Marke H&K. Auf welchen verschlungenen Wegen die in Schalcks Arsenale gelangen konnten, ermitteln derzeit Berliner Staatsanwälte. Seit Sommer 1991 führen sie ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Verletzung des Kriegswaffenkontrollgesetzes (KWKG). Auf Geheiß der Staatsanwaltschaft filzten am Mittwoch vergangener Woche Fahnder des Bundeskriminalamtes die Büros von Heckler&Koch in Oberndorf.