Hertha? Aufstieg?

■ Wie gehabt: Hertha BSC muß wieder den Aufstieg versprechen und senkt dafür gar die Eintrittspreise

Oh Mann, da kann man ja besser gleich zu Hertha gehen!“ befand mancher Berliner Fußballfan vor dem Fernseher, während sich unsere Nationalkicker nach Kräften gegen die Holländer blamierten. [Nicht nur die! d. säzzer] Eine Auffassung, die den Plänen des Hertha-Managements sehr entgegenkommt. Mit einem Etat von 10 Millionen Mark plant man für die nächste Saison (4,9 Millionen allein für Gehälter), aber was nutzt Fußball ohne Fans? Die Herthaner, die mit einem Zuschauerschnitt von 10.000 rechnen (und die daraus resultierende Einnahme von 4,2 Millionen schon fest eingeplant haben), entschlossen sich zu einem außergewöhnlichen Schritt: Jugendliche mit Dauerkarte bezahlen 3,50 Mark pro Heimspiel, Erwachsene 7,50 Mark.

Und vor dem ersten Heimspiel der Saison am 11. Juli im Jahn-Stadion gegen den FC St. Pauli füllen, wie um die Massen anzulocken, schon wieder Schlagzeilen über den unbedingten Aufstiegswillen der Hertha die Medien. Trainer Stange relativiert allerdings: „Ich habe immer gesagt, daß das schwer wird. Aber in dieser Stadt kann man einfach nicht tiefstapeln und sagen: ,Wir brauchen noch Zeit‘ — die wollen eben alle eine Erstligamannschaft!“

Auch Torwart Walter Junghans sieht Schwierigkeiten bei der Erfüllung des Aufstiegswunsches: „Zwischen dem Wollen und der Realität gibt es oft erhebliche Unterschiede... Im vergangenen Jahr haben wir die Chance verpaßt, da wäre es bestimmt einfacher gewesen.“ 46 Begegnungen müssen die Clubs in der nunmehr wieder eingleisigen zweiten Liga absolvieren, „die Hälfte der Vereine wird wahrscheinlich gleich gegen den Abstieg kämpfen“. In der nächsten Saison werden sieben Clubs zurück ins Amateurlager müssen, während nur noch drei aufsteigen können, aber, so Junghans, „vorstellen kann ich mir alles. Wir haben eine gute Mannschaft, wenn wir vom Verletzungspech verschont bleiben.“

Bis zum Beginn des österreichischen Trainingslagers mit fest eingeplanten Spielen gegen drei dortige Erstligisten übt man sich derweil im Wegputzen schwächerer Gegner. Gegen den Viertligisten Großenhain gewann man mit 7:1, den FSV Velten erwischte es mit immerhin noch 5:1. Trotzdem suchen die Herthaner noch einen Stürmer. Beim ungarischen Nationalspieler Kalman Kovacs ist man nun eigentlich sicher, den Richtigen gefunden zu haben. Während der Vertragsverhandlungen meinte der allerdings, jetzt müsse er erst noch seine Frau fragen, und kehrte einstweilen zurück nach Budapest. Zum dortigen Verein Honved wurde er nämlich von seinem „rechtmäßigen Besitzer“, dem französischen Erstligisten FC Auxerre, ausgeliehen. Die Frage „Kommt er?“ kann zur Zeit kein Herthaner beantworten, „bisher hat er noch nicht mit uns trainiert“, sagt Junghans, Trainer Stange weiß nur eins sicher: „Noch ist er nicht da. Aber in den nächsten Tagen wird sich wohl alles entscheiden. Sonst haben wir die Mannschaft ja schon zusammen.“

Fehlen werden in der neuen Saison allerdings die bisher regelrecht zelebrierten Lokalderbys gegen Blau-Weiß. „Früher zogen sie 25.000 Zuschauer, das hat in den letzten Jahren zwar nachgelassen“, sagt Junghans, „aber für uns Spieler war das schon etwas Besonderes. Und so bedauert er auch, daß es in der diesjährigen Relegationsrunde wieder kein Berliner Verein gepackt hat, „ob Union oder der FCB wäre mir sogar egal gewesen“. Ganz uneigennützig ist der Wunsch nach einem Mitkonkurrenten aus der Stadt natürlich auch nicht: „Wir hatten auf diese Weise immer ein Heimspiel mehr als unsere Gegner, denn auch die Auswärtsspiele gegen Blau-Weiß waren dank der Zuschauer Heimspiele für uns!“ Elke Wittich