»Peng, peng, peng — jetzt kommt der Refraing«

■ Die musikalische Comedey-Truppe »Die Klauns« gastiert im BKA-Zelt

Fröhlich pfeifend schlenzt ein junger Blaumann auf die leere Bühne des BKA-Zelts, rückt hier noch ein Mikrophon gerade, schiebt da noch eine Kulisse in die richtige Position. Eine männliche Schaufensterpuppe — nennen wir sie Herbert — läßt sich von ihm umständlich, aber sorgfältig auf die Bühne hieven, mit einem Drum- Computer versehen und in Position schieben. Dann geht der Blaumann durch den Vordereingang ab, kommt aber sofort wieder und schiebt grinsend einen weiteren Pappkameraden auf die Bühne. Aber der, der da auf dem kleinen Rollbrettchen durch die mager besetzten Stuhlreihen des BKA geschoben wird, atmet im Gegensatz zu Herbert auffällig unauffällig, heißt in echt Peter Neidel, ist Physikstudent und einer der beiden »Klauns« des »Knetentrios«. Und der, der ihn schiebt, auf die Bühne hievt und umständlich, aber sorgfältig in die Gänge bringt, heißt Volkmar Zimmermann und ist der zweite dieses komischen »Trios mit Pfiff«.

Sie haben sich heute ein Europa- Programm vorgenommen, erklärt uns Volkmar, während er seinen E- Bass schultert, denn auch Volkmar und Peter wollen ihren kleinen Teil für das gemeinsame europäische Haus einbringen. Und so unterbrechen sie ihr musikalisches Nummernprogramm in der Folge immer wieder, um Baustein für Baustein ein kleines Klötzchenhaus aufzubauen — das Haus Europa ist quietschblau und vom Grundriß her eher ein Potemkinsches Dorf. Viel Sinn macht dieses mäßig originell kommentierte Bauherrnmodell nicht, aber im engeren Sinne Sinnstiftendes haben sich die beiden gebürtigen Dresdner auch gar nicht vorgenommen: »...und fragt uns einer nach dem Sinn, da ist nämlich keiner drin / peng, peng peng — jetzt kommt der Refraing« heißt eines ihrer Lieblingslieder. Der Drum-Computer Herbert ballert dazu, was das Zeug hält, und meine Begleitung fragt sich, was wohl die anderen Zuschauer davon halten, für so einen Quatsch fast 20 Märker hingeblättert zu haben.

Mühsam quält sich das Publikum von Applaus zu Applaus, mühsam versuchen die beiden »Klauns« uns zu vermitteln, daß sie noch ganz schön viel Komisches auf der Pfanne haben. Hier ein Gedicht, das wohl zwischen zwei Kneipentheken entstanden sein muß, da ein ohrenbetäubend dilettantisches Gitarrensolo — »ein schönes Beispiel für dynamische Inkompetenz« — und zwischendurch immer wieder die Ankündigung, daß uns nach der Pause der absolute »Horrorclip« des Abends erwartet.

Musikalisch klauen die »Klauns«, wo immer jemand langsam genug spielt, um mitzuschreiben. Ihre Gesangsnummern sind Anleihen ans Wellenspektrum des lokalen Radioprogramms — nur spielen sie alles noch etwas einfältiger nach. Wenn ihnen zu ihren paar gemopsten Akkorden mal gar kein Text einfallen will, singen Volkmar und Peter eben »ha, ha, ha — hi, hi, hi« und finden das dann noch »eins, zwo, virtuos«.

Die Bühnenshow des Knetentrios hat durchaus das Niveau eines gelungenen Partygags. Für den Hausgebrauch blödeln sich die beiden ganz beachtlich durch den Abend, und man kann sich vorstellen, daß sie gern gesehene Geburtstagsgäste sind. Daß wir uns neuerdings aber auf den Berliner Kleinkunstbühnen so viele durchschnittliche Schlagerimitatprogramme anhören müssen, die so substanzlos blöd sind, daß sie wirklich nicht einen ganzen Abend lang das Sitzenbleiben lohnen, liegt — nein, ausnahmsweise nicht an der Öffnung der Mauer, sondern — wohl eher an der Erfindung dieser preiswerten Synthesizer-Maschinen und Drum-Computer. Sie sind die kulturelle Rache der Japaner dafür, daß wir ihre Autos nicht kaufen. Denn nun kann, wer ein bißchen technischen Sachverstand und etwas Geduld aufbringt, seinen bierseligen Privatschwachsinn dermaßen klangvoll aufpeppen, daß er damit so manchen Veranstalter zu Unrecht von sich überzeugt. Wer allerdings nach erfolgreichem Bluff dann unten im Parkett sitzt, in Sachen Kleinkunst zuviel Sachverstand, aber keine göttliche Geduld aufbringt, der geht diesem kleinkunstenen Horrorclip besser noch vor der Pause aus dem Weg, oder bleibt — noch besser — gleich zu Hause. Klaudia Brunst

Das Knetentrio »Die Klauns« bis 28. Juni um 20.30 Uhr im BKA- Zelt an der Philharmonie