KOMMENTAR
: Ätzende Doppelmoral

■ Zwei Kriegswaffenhändler wurden verurteilt

In Hamburg wurden vor kurzem drei Kaufleute, die 36.000 Raketen, 1.500 Geschützrohre und 550 Panzer ins arabische Ausland verdealen wollten, zu der lächerlichen Kleinigkeit von einigen tausend Mark Geldstrafe verurteilt. So gesehen ist das Urteil gegen zwei Männer, die sich am Verkauf von 655 Handgranaten und drei Kisten Munition bereicherten, mit drei bzw. anderthalb Jahren geradezu hart. Aber was heißt hier eigentlich hart? Was kann es, moralisch gedacht, Härteres geben als das Bestreben, aus dem Blut und dem Tod von Menschen Profit zu schlagen?

Vieles! Ein Blick in das Gesetzbuch offenbart die doppelmoralischen Abgründe der hiesigen Rechtsprechung. Der Mord an einem einzelnen Menschen wird ungleich härter bestraft als der Versuch des Massenmords durch illegalen Waffenexport — ganz zu schweigen vom legalen. Wer Kriegswaffen herstellt, erwirbt, ein- oder ausführt, hat im Mindestfall ein und im Höchstfall gerade mal fünf Jahre Haft zu erwarten; wer das nur plant wie die Hamburger, der erhält einen Billigtarif. In einer Demokratie wie der unseren, die doch angeblich den Wert des menschlichen Lebens am höchsten hält, wird dieses schmutzigste und widerlichste aller Geschäfte nicht härter bestraft als Geldfälschen, gewohnheitsmäßige Fischwilderei oder Stromklau — Delikte, für die man allesamt bis zu fünf Jahre absitzen muß. Auch wer genau die gegenteilige, nämlich eine radikalpazifistische Gesinnung besitzt und sich deswegen der Wehrpflicht durch Verstümmelung entzieht oder »Sabotagehandlungen an Verteidigungsmitteln« unternimmt, darf keinesfalls ein geringeres Strafmaß erwarten als ein Todeshändler.

Der dritte, mangels Beweisen freigesprochene Angeklagte soll als Söldner bei einer rechtsradikalen kroatischen Organisation mitgekämpft haben. Zufall oder nicht, auf jeden Fall machen gewissenlose Waffendealer Massaker wie in Sarajevo oder anderswo erst möglich und haben dennoch dank der kapitalistischen Doppelmoral wenig Böses zu erwarten. Ute Scheub