Dnjestr-Konflikt außer Kontrolle

■ Kampf um die Stadt Bendery geht weiter/ Moskauer Nachrichtenagentur spricht von 1.000 Toten und Verwundeten/ USA fordern Truppenrückzug der GUS-Armee aus Moldova

Kischinew (afp/ap) — Große Teile der Stadt Bendary sind zerstört, zahlreiche Gebäude stehen in Flammen, Tausende BewohnerInnen fliehen in die Ukraine — so lauteten am Dienstag die Nachrichten aus der umkämpften Stadt am Dnjestr. Obwohl noch am Montag abend ein Waffenstillstand zwischen den Streitkräften Moldovas und den russischen Separatisten der „Transdnjestr-Republik“ vereinbart worden war, wurde breits wenige Stunden später wieder gekämpft.

Zwei moldovanische Kampfflugzeuge bombadierten die Brücke über den Dnjestr, russisch beflaggte Panzer und Hunderte Soldaten drangen in die Stadt ein. Unklarheiten bestanden über die Zahl der Opfer. Während die Moskauer Nachrichtenagentur 'Itar-Tass‘ von 1.000 Toten und Verwundeten sprach, bezeichnete das Verteidigungsministerium in Moldovas Hauptstadt Kischinow diese Zahl als „maßlos übertrieben“.

Die Bevölkerung Benderys will sich dem Gebiet links des Dnjestr- Flusses anschließen, wo überwiegend Russen und Ukrainer leben. Sie kämpfen gegen die Wiedervereinigungspolitik Moldawiens mit Rumänien und für die Unabhängigkeit.

Das Parlament von Moldova verabschiedete am Dienstag eine Resolution, in der die 14. Armee Rußlands der Aggression gegen Moldawien beschuldigt wird. Das Dnjestr-Gebiet und die Stadt Bendery seien von Einheiten dieser Armee besetzt. Präsident Mircea Snegur sagte im Parlament, die russische Armee unterstütze die Dnjestr- Kämpfer an allen Konfliktpunkten. Er kündigte an, daß eine Expertengruppe der Vereinten Nationen bis Donnerstag in Moldova eintreffen werde, um sich vor Ort über die Lage zu informieren.

Die USA hatten Rußland am Montag aufgefordert, den angekündigten Abzug der 14. Armee zu verwirklichen. Gleichzeitig verstünden die USA jedoch die Besorgnis des russischen Präsidenten Boris Jelzin um die russische Minderheit am Dnjestr. Unklar war am Dienstag, ob sich die Präsidenten der Ukraine, Rußlands, Moldovas und Rumäniens bei der an diesem Donnerstag in Istanbul beginnenden Schwarzmeer-Anrainer- Konferenz separat treffen werden, um Lösungen für den Konflikt zu suchen. Der russische Vizeaußenminister sagte in Moskau, bisher gebe es keine derartige Vereinbarung. Der Dnjestr-Konflikt war auch Gegenstand der Gespräche Jelzins und seines ukrainischen Kollegen Leonid Krawtschuk am Dienstag im Schwarzmeerbad Dagomys.