Ökobank: Die Szene als Risikofaktor

Trotz Umsatzplus erwirtschaftete die Ökobank im letzten Jahr einen Fehlbetrag/ Teure Risikovorsorge  ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt/Main (taz) — Auf dem Einweihungsfest für das neue Öko- Haus der KBW-Nachfolgegesellschaft Kühl KG vor drei Wochen gab sich Ökobankboß Oliver Förster noch optimistisch: „Wir werden in der Bilanz für 1991 erstmals schwarze Zahlen schreiben können.“

Tatsächlich konnten die TurnschuhbankerInnen im vergangenen Jahr ein rasantes Wachstum von 44,2 Prozent verzeichnen, wie dem jetzt vorliegenden Geschäftsbericht zu entnehmen ist. Doch an der miserabelen Ertragslage hat sich kaum etwas geändert: Schwarze Zahlen sind nicht in Sicht. Mit einem Jahresfehlbetrag von 385.900 Mark blieb die Ökobank weit hinter ihren Durchbruchserwartungen zurück.

„Die Ursachen hierfür liegen nach wie vor in den Risiken des Kreditgeschäfts der Bank und der damit verbundenen Risikovorsorge über Einzelwertberichtigungen“, sagt Förster. Als „Gratwanderung im Hochgebirge“ bezeichnet denn auch der Aufsichtsrat der Alternativbank die Geschäftsentwicklung im Berichtsjahr. Daß die Bank ohne die Risikovorsorge für problematische Kredite und ohne den tatsächlichen Verlust von exakt 288.000 Mark aufgrund von Insolvenzen der Kreditnehmer das Geschäftsjahr 1991 mit einem Plus von 779.000 Mark abgeschlossen hätte, ist nur ein schwacher Trost.

„Im laufenden vierten Geschäftsjahr müssen wir es schaffen, die schon für das letzte Jahr prognostizierten schwarzen Zahlen in die Bilanz zu schreiben, denn sonst kommen wir in ernsthafte Schwierigkeiten“, sagt Marketingchefin Jutta Gelbrich. Durch den Fehlbetrag von knapp 400.000 Mark erhöhte sich der Verlustvortrag auf 3,8 Millionen Mark — eine schwere Hypothek auf dem Weg zur Solvenz der Bank.

Weil insgesamt neun von der Ökobank an Projekte aus der Alternativszene vergebenen Kredite schlicht platzten und weitere Kredite in einer Gesamthöhe von knapp einer Million Mark „wackelten“ (Gelbrich), mußte die Bank eine monetäre Risikovorsorge von 600.000 Mark bereithalten. Gelbrich: „Das hat uns die Bilanz versaut.“ Die BankerInnen haben eine „ordentliche Wut“ auf die Projekte, die „für gutes Geld nur gute Worte gegeben“ hätten. Allerdings räumt Gelbrich ein, daß das Firmenkunden-Geschäft generell mit einem überdurchschnittlichen Risiko behaftet sei: „Auch bei den anderen Banken sind die Firmenkunden die unsichersten Kantonisten.“ Deshalb setzt die Ökobank im laufenden Geschäftsjahr auf private Kreditkunden. Die Häuslebauer und die Autofahrer sollen dafür sorgen, daß sich das Kreditvergaberisiko für die Ökobank minimiert. „Ein Mercedes“, so Gelbrich, „ist doch angeblich ein umweltfreundlicher Wagen.“ Schließlich können Privatkunden mit dem Gerichtsvollzieher bis in den Schuldenturm verfolgt werden — während sich die Verantwortlichen windiger Alternativprojekte offenbar gerne unter falschen Namen zum kollektiven Opalsuchen nach Australien absetzen.

Mit einem Aufschrei der kritischen Bankbasis rechnen die ÖkobankerInnen bei dieser Neuorientierung in der Kreditvergabepolitik nicht, denn die Förderkredite an Projekte sollen auch in Zukunft nicht eingeschränkt werden. Die verstärkten Bemühungen um private Kreditnehmer müßten als Ergänzung der bisherigen Vergabepolitik verstanden werden, so Gelbrich. Dabei soll das alte Leninsche Motto: „Vertrauen ist gut — Kontrolle ist besser!“ in allen Bereichen zum Tragen kommen. Man will in Zukunft strengere Anforderungen an die Bonität der Kreditnehmer und ihre Sicherheiten stellen.

Um die von Vorstandschef Förster auf der Bilanzpressekonferenz im letzten Jahr angekündigte Stärkung der dünnen Eigenkapitaldecke realisieren zu können, haben die ÖkobankerInnen einen sogenannten Eigenkapital-Sparbrief eingeführt. Wer einen solchen Ökobank-Sparbrief erwerben will, muß allerdings einen unverzinslichen Genossenschaftsanteil von mindestens 500 Mark zeichnen. Insgesamt drei neue Projektsparbriefe hat die Ökobank im laufenden Geschäftsjahr bereits gestartet — zur Unterstützung des Aufbaus alternativer Handelsbeziehungen mit Initiativen und Kooperativen in der Dritten Welt und in Zusamenarbeit mit der „Gesellschaft zur Förderung der Partnerschaft mit der Dritten Welt“ ( Gepa). Nach wie vor sind die Projektsparbriefe der Ökobank ein Renner. So erhöhten sich die befristeten Einlagen (Festgelder und Sparbriefe) im abgelaufenen Geschäftsjahr um 35,02 Millionen auf knapp 100 Millionen Mark. Mit einem Anteil von 33,37 Prozent (3.310 Sparbriefe) verkaufte sich dabei der Umweltsparbrief mit Abstand am besten. Knapp 30.000 Kundinnen und Kunden hatte die Bank zum Ende letzten Jahres — ein Plus von 15,2 Prozent.

Wachstumsprobleme hat die immer noch kleinste Bank der Republik also nicht. Und die seit Februar etablierte erste Filiale in Freiburg wird für einen zusätzlichen Umsatz- und Kundenschub im laufenden Geschäftsjahr sorgen. Und die Probleme im Kreditvergabebereich? „Da müssen wir halt durch“, sagt Jutta Gelbrich — „und da werden wir durchkommen!“