China: „Prämie für die Diktatur“

Bundestag stimmt über „Aussetzung“ der Einschränkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit China ab/ Wirtschaftsministerium will Containerschiffe für China subventionieren  ■ Von Jutta Lietsch

Berlin (taz) — „Drei Jahre nach der Niederschlagung der Demokratiebewegung in der Volksrepublik China stellt der Deutsche Bundestag fest, daß es nach wie vor notwendig ist, gegenüber der Regierung der Volksrepublik China konsequent auf die Einhaltung der Menschenrechte zu drängen.“ Vielversprechend beginnt der Antrag der Koalitionsfraktionen im Auswärtigen Ausschuß, der heute abend im Bundestag zur Abstimmung steht. Doch was die VertreterInnen von CDU/CSU und FDP da just am 3. Juni formulierten, sieht nicht etwa eine Verschärfung des Bonner Drucks auf die Regierung in Peking vor. Im Gegenteil: die nach dem Massaker am Tiananmen vor drei Jahren vom Bundestag beschlossenen Einschränkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit China soll „zunächst bis zum 31.12. 1992“ ausgesetzt werden. Nur wenn diese Einschränkungen aufgehoben werden, kann das Wirtschaftsministerium in Bonn einen chinesischen Auftrag zum Bau und Lieferung von vier Containerschiffen durch Kredite zu extrem günstigen Konditionen unterstützen.

Drei dieser Schiffe, die in Bremen und Wismar gebaut werden sollen, sollen im Rahmen des Werfthilfeprogramms mit einem Zuschuß von 203 Millionen Mark subventioniert werden. Insgesamt geht es um einen Auftrag im Umfang von 800 Millionen Mark.

Nicht nur bei der Opposition, sondern auch innerhalb der Koalitionsfraktion löste der Antrag des Auswärtigen Ausschusses Empörung aus. Begründet er die angestrebte engere Zusammenarbeit doch damit, daß „die gegenwärtige Lage in der Volksrepublik China gekennzeichnet ist durch den Versuch von Reformkräften, das Wirtschaftssystem durchgreifend zu liberalisieren und gegenüber dem Ausland zu öffnen“. Eine konsequente Liberalisierung der Wirtschaft, so heißt es weiter, werde auf Dauer zu politischen Reformen führen müssen.

Da sich im Gegensatz zu dieser Vermutung in China „die Menschenrechtssituation in den vergangenen drei Jahren nicht verbessert hat“, haben SPD und Bündnis 90/Grüne angekündigt, sie würden gegen den Antrag stimmen. Schon der Zeitpunkt des Entschließungsantrages genau drei Jahre nach dem Massaker in Peking sei „zynisch“, erklärte der SPD-Abgeordnete Gansel der taz. Die geplante Subventionierung der Containerschiffe für China bezeichnete er als „Prämie für die Diktatur“.

Auch innerhalb der Unionsfraktion regte sich Opposition. Der CDU-Abgeordnete Jürgen Augustinowitz, Mitglied des Entwicklungspolitischen Ausschusses von CDU/ CSU sagte, etwa 15 Abgeordnete — darunter die meisten Mitglieder des Ausschusses — hätten sich schriftlich gegen den Antrag ausgesprochen und würden dagegen stimmen. „Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit“, erklärte er.

Wie dramatisch die Lage der Menschenrechte in China weiterhin ist, wird durch jüngste Berichte von Organisationen wie amnesty international und Asia Watch deutlich. Während in den vergangenen Wochen in China die Reformer um Deng Xiaoping die „Anwendung kapitalistischer Methoden“ zur Rettung des Systems propagieren, geht die Repression gegenüber Gewerkschaftern, politischen Dissidenten und ethnischen Minderheiten in Tibet und anderen Regionen in unverminderter Härte weiter. Folter und die Anwendung von Todesstrafen gehören in China weiterhin zum Alltag.