„Da können Sie mich erschlagen“

Schalck vor dem Schalck-Ausschuß in Bonn: Wenn es konkret wurde, wich der ehemalige DDR-Devisenguru aus oder wurde patzig/ Schwerpunkt war seine Verbindung zur Stasi  ■ Aus Bonn Thomas Scheuer

„Soll ich jetzt das Protokoll meiner ersten Vernehmung verlesen?“ raunzte der Zeuge erregt den Vorsitzenden an. Gereizt und bissig, patzig und ausweichend, wenn es konkret wurde, bestritt der ehemalige DDR- Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski am Mittwoch nachmittag seine zweite Vernehmung im Schalck-Untersuchungsausschuß des Bundestages in Bonn. Die Anbindung der von Schalck kontrollierten Firmengruppe „Kommerzielle Koordinierung“ an Erich Mielkes Stasi-Apparat bildete einen Schwerpunkt der Befragung, die sich bei Redaktionsschluß bis in den Abend zu erstrecken drohte. Schalck blieb dabei: Seine Kontakte zur Stasi seien angesichts seiner Funktion „im zentralen Staatsapparat ein völlig normaler Vorgang“, seine Ernennung zum „Offizier im besonderen Einsatz“ (OibE) im Jahre 1966 ebenfalls eine reine Formalität gewesen. Vor 1966 habe er zwar „offizielle Kontakte“ zur Stasi unterhalten, er sei aber weder Offizieller noch Inoffizieller Mitarbeiter der Stasi gewesen.

Diese Aussage, die Schalck in der Tat schon bei seiner ersten Vernehmung am 25. September letzten Jahres zu Protokoll gegeben hatte, zogen die Abgeordneten beharrlich unter Verweis auf mittlerweile aufgetauchte Stasi-Akten in Zweifel. In hitzige Wortgefechte artete die Befragung aus, als dem Vorsitzenden Eylmann die Beherrschung abhanden kam. „Dies ist keine Talk-Show, sondern eine Vernehmung“, belehrte Eylmann den gewesenen KoKo-Chef. „Das lasse ich mir von Ihnen nicht bieten“, schimpfte Schalcks Rechtsanwalt Dankert. „Ich verweigere die Aussage auf alle weiteren Fragen“, erklärte Schalck selbst trotzig.

Erst nachdem sich die Gemüter während einer Sitzungsunterbrechung wieder halbwegs abgekühlt hatten, bat Schalck um „Verständnis für meine Erregung“ und erklärte sich zur Fortsetzung der Befragung bereit. Schalck kritisierte, daß der Ausschuß ständig aus Dokumenten zitiere, die er selbst gar nicht kenne. Dies sei eine „für mich psychologisch furchtbare Lage“. Auf konkrete Vorhalte aus von ihm selbst gefertigten Vermerken antwortete Schalck ausweichend oder berief sich auf Erinnerungslücken. Was hatte Schalck etwa im Sinn, als er sich schon im Jahre 1965 in einem Brief über „illegale Warentransporte“ und „Versicherungsbetrug“ ausließ? Seine Antwort: „Weiß ich nicht.“ Heftig ins Schwimmen kam Schalck, als er nach der Firma Interport befragt wurde. Das sei eine „Firma des MfS“ gewesen, erklärte Schalck: „Ich habe mit dieser Firma nichts zu tun gehabt.“ Als Eylmann dann aber wissen wollte, wieso Schalck einst die MfS-Firma Interport schriftlich anweisen konnte, „alle Import-Aktivitäten“ nur „nach Abstimmung mit mir“ zu tätigen, flüchtete Schalck sich in die Erklärung, es seien ihm damals eben „Tausende von Briefen vorgelegt“ worden. Mehr könne er dazu nicht sagen. „Da können Sie mich erschlagen, Herr Vorsitzender.“