Kriminelle Abzocker im Mietgeschäft

■ Scheinvermietungen im Osten: Der Schriftsteller Daud Haider verlor Geld und Hausrat/ Mietergemeinschaft: Fälle häufen sich/ Demnächst Demo

Ost-Berlin. Ein krimineller Scheinvermieter im Osten hat dem bengalischen Schriftsteller und Journalisten Dawood Haider offenbar übel mitgespielt. Der Mitarbeiter der »Deutschen Welle« verlor nach seinen Angaben über 1.000 Mark und kommt seit vier Monaten nicht mehr an seinen Hausrat heran, der nun in einer fremden Wohnung lagert. Und er ist nicht der einzige Betrogene: Nach Auskunft der »Mietergemeinschaft« nehmen solche Fälle »vor allem im Osten« immer mehr zu.

Dawood Haiders Geschichte: Der Autor mit dem Künstlernamen Daud, der Günter Grass ins Bengalische übersetzte und mit ihm gut bekannt ist, suchte Anfang des Jahres über die 'Zweite Hand‘ eine Wohnung. Es meldete sich ein »Ralf Kothe«, der ihm eine Wohnung in Friedrichsfelde anbot und zur Besichtigung aufschloß. Haider wollte sie haben, unterschrieb einen auf Schreibmaschine getippten Mietvertrag der »Hausverwaltung Kothe« und zahlte 800 Mark Abstand und 245 Mark Miete im Voraus. Er packte sein gesamtes Hab und Gut und zog im März ein. Doch als er nach vier Tagen in sein trautes Heim zurückkehren wollte, sei das Schloß ausgewechselt gewesen, berichtet er. Der in Mietdingen unbewanderte Ausländer mußte erfahren, daß die Hauseigentümerin von keiner Vermietung wußte und ihm die Wohnung auch nicht überlassen wollte. Und: Seine per Einschreiben an die »Hausverwaltung Kothe« in der Hiddenseer Str.2 im Prenzlauer Berg geschriebenen Protestbriefe kamen allesamt als »unzustellbar« zurück.

Woher hatte der Mann mit dem Fantasienamen »Ralf Kothe« den Schlüssel? Gibt es womöglich weitere Opfer? Dawood Haider weiß es nicht, obwohl er zwischenzeitlich Strafanzeige wegen Verdachts auf Betrug bei der Ostberliner Polizei stellte. Besonders rührig scheinen die Beamten bisher auch nicht gewesen zu sein, denn der Bengale hat nichts mehr von ihnen gehört.

Dabei hat das Thema Brisanz, denn die akute Wohnungsnot und die Unwissenheit mancher Ostler oder Ausländer wird von Trickbetrügern schamlos ausgenutzt. Die »Mietergemeinschaft« weiß davon ein Lied zu singen. Am Mittwoch erst war ein Mitarbeiter der inzwischen aufgelösten Firma »Stampeco« verurteilt worden, die nach der Zählung der Mietergemeinschaft »mindestens zehn Wohnungen« in verschiedenen Bezirken zum Teil sogar mehrmals hintereinander scheinvermietet hatte. Auch in der Friedrichshainer Straßmannstraße hätten Jungmakler aus dem Westen mehrere Wohnungen einer Wohnungsbaugesellschaft aufgebrochen und gegen hohe Abstände vermietet. Und im Bereich gewerbliche Raumvermietung, so ein für Betrugsdelikte zuständiger Kommissar, kämen ähnliche Fälle in letzter Zeit ebenfalls häufiger vor.

Kein Wunder also, daß Mieter im Osten die Nase gestrichen voll haben. Jedoch nicht nur von solchen Betrugsmanövern: Auch ganz legal wird ihnen das Geld aus der Tasche gezogen. Im Prenzlauer Berg beispielsweise sind die Gewerbemieten um 500 bis 900 Prozent angestiegen, und im kommenden Jahr steht auch noch die nächste von der Bundesregierung beschlossene Mieterhöhung ins Haus. Ein Dutzend Bürgerinitiativen will deshalb am 8.Juli um 18Uhr vor dem Roten Rathaus demonstrieren und vom 8. bis 10.Juli weitere Protestaktionen organisieren. Ute Scheub