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MECKLENBURG-VORPOMMERN

Bevölkerung: 1,9 Millionen, Fläche: 23.800 Quadratkilometer, Landesfarben Mecklenburg: Rot-Gelb-Blau, Vorpommern: Blau-Weiß, Landeshauptstadt: Schwerin, 340 Kilometer lange Ostseeküste mit weiten Sandstränden und teilweise schroffen Steilufern, Mecklenburgische Seenplatte mit mehr als 1.000 Binnenseen.

Wem diese minimalistische Visitenkarte nicht reicht, der begebe sich mit dem VSA-Band Mecklenburg-Vorpommern auf eine sehr leserliche Entdeckungsreise durch das am dünnsten besiedelte Bundesland — außerhalb der Ferienzeit. Der Regional- und Freizeitführer, an dem 36 AutorInnen mitgeschrieben haben, zeichnet sich durch einen hohen Lese- und Informationswert aus, sowohl als landeskundliche Annäherung wie auch als touristische Einstimmung für den ersten/nächsten Wochenend-/Ferienaufenthalt. Fernab jeglicher schönfärberischer Rügen-Romantik werden sechs Regionen belichtet: vom Sund, Bodden und von der Ostsee („Wo die Möwen schriegen“) bis zu den Mecklenburger Seen („Ein Stück vom Paradies“). „Städte und Stationen“ sowie „Touren und Tips“ ergänzen die Kapitel.

Selbst für alteingesessene Mecklenburger/Vorpommern ist das Buch eine Fundgrube. Zum Beispiel das 800-Seelen-Eiland Vilm: Urlaubsrefugium des DDR- Ministerrats, Brutstätte von Zwergschnäpper und Wendehals (sic!), nach der Wende schon im Frühsommer 90 touristische Destination eines Dinslakener Reisebüros („Urlaub in Gästehäusern des DDR-Ministerrats“), Hort der ersten Bundesnaturschutzakademie. Oder Hoben: ein denkmalgeschütztes Dorf, zwölf niederdeutsche Hallenhäuser, eine Kneipe. Oder Peenemünde auf der Ostseeinsel Usedom: Hier ließ sich Hitler vom Physiker Wernher von Braun die Raketenwaffen V1 und V2 bauen.

Nicht zu kurz kommen auch die Maler, Bildhauer, Literaten mit ihren Produktionsstätten: Caspar David Friedrich und Greifswald, Ernst Barlach und Güstrow, Uwe Johnson und Jerichow. Neubrandenburg, der Ort am Tollensee mit historischer 7,5 Meter hoher Stadtanlage, aber auch DDR-modernem Plattenbau-Design, mit seinem berühmten, denkmalgeschützen Sohn Fritz Reuter. Die berühmteste zeitgenössische Tochter der Stadt, Katrin Krabbe, Identifikationsfigur und Exportschlager ganz Mecklenburgs, bleibt außen vor. Ein unverzeihlicher Schönheitsfehler.

Richtig ärgerlich ist allerdings Hermann Kants „Ein Hamburger sieht Mecklenburg-Vorpommern“. Eine ganze Druckseite lang mehrt sich der einstige DDR- Chefliterat, warum gerade er dazu auserkoren wurde, für „Einstimmung“ auf das Folgende zu sorgen, kokettiert unerträglich damit, „es solle, so sagte mir der Verlag, möglichst persönlich sein“.

Günter Ermlich

„Regional- und Freizeitführer Mecklenburg-Vorpommern“: Herausgegeben von Ingo Koch und Brigitta Meuche, VSA-Verlag, Hamburg 1991, 36,80 DM.

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