EG-Hilfsflüge gestartet

■ Hilfsetat soll von 222 auf 462 Millionen Mark erhöht werden/ Zweite Luftbrücke aus USA in Vorbereitung

Sarajevo/Brüssel (ap) — Gestern war es endlich soweit. Die Europäische Gemeinschaft eröffnete die Luftbrücke in die von Serben belagerte Stadt Sarajevo. Nach notdürftigen Absicherungen des teilweise verminten Flugfeldes durch UNO- Soldaten starteten in Zagreb sechs Flugzeuge. Insgesamt sollten im Laufe des Tages zehn Flugzeuge Richtung Sarajevo aufbrechen, um die Stadt mit 610 Tonnen Nahrungsmitteln und Medikamenten zu versorgen. Bis September will die EG ihren Hilfsetat aber noch erhöhen, von jetzt 222 auf 462 Millionen Mark. Auch die Vereinigten Staaten haben inzwischen eine Luftbrücke vorbereitet, die am Freitag über den US-Stützpunkt Ramstein laufen soll. Gestern vormittag waren auf dem Flughafen 350 UNO-Blauhelme aus Kanada eingetroffen. Das kanadische Bataillon mit insgesamt 840 Mann hatte für den 300 Kilometer langen Anmarsch aus Kroatien durch umkämpfte Gebiete drei Tage gebraucht. Die Vorhut auf dem Fughafen soll in erster Linie Minen räumen, die übrigen Soldaten werden zunächst die wichtigsten Kreuzungen und Gebäude Sarajevos sichern. Die kanadischen Soldaten waren auf Beschluß des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen nach Sarajevo verlegt worden. Auch Frankreich hatte am Mittwoch kurzfristig 125 schwer bewaffnete Marineinfanteristen eingeflogen, um die bisher schwache Flughafensicherung zu verstärken.

In Kroatien übernahmen die UNPROFOR-Truppen die Verantwortung über den nördlichen und den südlichen Sektor des Landes. Dies teilte UNPROFOR-Sprecherin Shanon Boyd mit. Jedoch wurden dem kroatischen Fernsehen zufolge die Vororte der kroatischen Hafenstadt Dubrovnik sowie Ostslawonien auch gestern wieder heftig bombardiert. Die bosnische Stadt Odzak wurde Schauplatz der bisher heftigsten Kämpfe zwischen bosnischen Streitkräften und der jugoslawischen Armee. Dabei hatte die jugoslawische Luftwaffe Splitter- und Napalmbomben eingesetzt.

Die Belgrader Zeitung 'Politika‘ berichtete am Donnerstag unter Berufung auf „gut informierte Kreise“, der serbischstämmige US-Amerikaner Panic habe sich „mit Freude“ bereit erklärt, die neue Bundesregierung der Föderativen Republik Jugoslawien (FRJ) zu bilden. Panic werde schon am Freitag in Belgrad erwartet. (siehe nebenstehendes Portrait)