Bezirke müssen kürzen, Senat legt zu

■ In Bauämtern der West-Bezirke fallen 60 Stellen weg — Senatsbauverwaltung aber schafft neue Posten/ Kontakte zu Bürgerinitiativen künftig schwer/ Mietwucher kann kaum noch kontrolliert werden

Berlin. Ungleiches Recht für alle: Während in den Bauämtern der Westberliner Bezirke insgesamt 60 Stellen gestrichen und nach Ost-Berlin verlagert werden, wird die Senatsbauverwaltung aufgebläht.

Beispiel Tiergarten: Hier liegt der Spreebogen, der in den nächsten Jahren zum Regierungsviertel wird, Daimler-Benz und Sony bauen am Potsdamer Platz, dazu kommen weitere Großprojekte vom World Trade Center bis zum Zentralbahnhof. Der für diesen Bereich — Tiergarten Süd — zuständige Gruppenleiter hat nun gekündigt, die Stelle, die mit »Kann wegfallen«-Vermerk versehen war, darf nicht mehr besetzt werden, beklagt Tiergartens Stadtplanungsamtsleiter Hans von Bülow. Noch absurder sei, daß die Stelle der Kollegin, die den Bebauungsplan für den Potsdamer Platz bearbeitet, mit einem Wegfall-Vermerk versehen ist, was bedeute, daß die Kollegin ab 1993 in einen östlichen Außenbezirk versetzt werden kann. Dies veranlasse erfahrungsgemäß viele bezirkliche Stadtplaner, zu kündigen und eine — ohnehin besser bezahlte — Stelle in einem privaten Planerbüro zu suchen. »Selbst wenn wir diese Stelle irgendwann später wieder besetzen könnten, fehlte uns eine Fachkraft, die in die Materie eingearbeitet ist«, so von Bülow. Auch die Stelle, die die Bereichsentwicklungsplanung Tiergarten betreue, falle wohl demnächst weg.

Leiden unter den Stellenstreichungen wird auch der Informationsfluß. »Alles, was außerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Bürgerbeteiligung liegt, können wir nicht mehr leisten«, meint von Bülow. Dazu gehören die — meist abendlichen — Treffen mit den Bürgervereinen Tiergarten Süd oder Moabiter Ratschlag, die in den Stellenzuweisungen ohnehin nicht berücksichtigt werden. »So werden mühsam aufgebaute Gesprächsstrukturen wieder zerstört«, beklagt von Bülow.

Nicht nur im Stadtplanungsamt Tiergarten fehlen die Leute. So bekommen die bezirklichen Bauaufsichtsämter kein Personal, das kontrolliert, ob die in verschiedenen Bezirken aufgestellten Milieuschutzsatzungen eingehalten werden, durch die Mietsteigerungen begrenzt werden sollen. Auch in den Wohnungsämtern brauche man eigentlich mehr Personal, so Schönebergs Baustadtrat Uwe Saager (SPD), nachdem vor zwei Jahren die Zweckentfremdungsverbotsverordnung verschärft wurde. Seitdem muß von den Wohnungsämtern vermehrt kontrolliert werden, ob nicht Wohnungen illegal in Gewerbe umgewandelt werden oder leerstehen. Auch gegen Mietwucher sollten die Wohnungsämter nach der Aufhebung der Kappungsgrenze verstärkt vorgehen — was derzeit kaum möglich ist.

Neue Stellen gibt es dafür woanders. So wurde in der Senatsbauverwaltung eine »schnelle Eingreiftruppe« von zehn Mitarbeitern geschaffen, die Baugenehmigungen von Großprojekten und Widersprüche von Bauherren gegen die Bezirksämter bearbeitet. Das sei, so der Wilmersdorfer Baustadtrat Uwe Szelag (AL), die Vorstufe zu einem zentralen Landesbauamt. Ebenfalls diskutiert wird in der Senatbauverwaltung, die Hauptabteilung Bau in eine Hoch- und Tiefbauabteilung zu teilen. Zwar sollen dafür, so die Sprecherin des Bausenators, Petra Reetz, keine neuen Stellen geschaffen werden. Mit Sicherheit aber werden Mitarbeiter befördert werden, von zwei statt einem Hauptabteilungsleitern ist die Rede. Und ein Hauptabteilungsleiter verdient immerhin B5 — mehr als 10.000 Mark brutto im Monat. Eva Schweitzer