Ein Gipfel der Kriege und Konflikte

G-7-Regierungen verabschieden auf dem Weltwirtschaftsgipfel Politische Erklärung/ KSZE soll ein Gremium zur Friedenssicherung werden / Erstmals wird der russisch-japanische Kurilen-Konflikt thematisiert  ■ Aus München Donata Riedel

Die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) soll als Gremium der Konfliktlösung aufgewertet werden. Am zweiten Tag des Weltwirtschaftsgipfels in München verabschiedeten die Regierungschefs der sieben reichsten Industriestaaten gestern die traditionelle Politische Erklärung. Darin fordern sie die Teilnehmer des kommenden KSZE-Gipfeltreffens in Helsinki auf, „Beschlüsse zu fassen, die die Fähigkeit der KSZE zur Konfliktverhütung, Krisenbewältigung und friedlichen Beilegung von Streitigkeiten stärken“. Auch der jüngste Beschluß der Außenminister der Nato-Staaten, an friedenserhaltenden Missionen der KSZE teilnehmen zu wollen, wird in der Erklärung unterstützt.

Zusätzlich einigten sich die G-7 nach längerer Debatte auf eine gemeinsame Erklärung zu Jugoslawien. (Siehe Seite 8) Nationalitätenkonflikte und Kriege sind das zentrale Thema der diesjährigen Erklärung der G-7-Staatschefs aus den USA, Japan, der Bundesrepublik, Frankreich, Großbritannien, Italien und Kanada. So findet sich die „äußerste Besorgnis“ der G-7 über die Lage im früheren Jugoslawien, der früheren Sowjetunion und Kambodscha in dem sechsseitigen Papier mit dem Titel „Die neue Partnerschaft gestalten“. Mit den neuen Partnern sind die Länder des früheren Warschauer Paktes gemeint. Als weitere Konfliktbewältigungsinstanz würdigten die Regierungschefs der reichsten Industrieländer der Welt die UNO und versprechen deren Generalsekretär Ghali ihre politische und finanzielle Unterstützung auch bei der Aufrechterhaltung des Weltfriedens.

Erstmals fand gestern der Konflikt zwischen Rußland und Japan über die Südkurilen Eingang in eine gemeinsame Erklärung der G-7. Japan verlangt die Rückgabe der Inseln als Bedingung für größere Hilfszahlungen an Rußland. „Wir begrüßen Rußlands Bekenntnis zu einer Außenpolitik, die auf dem Grundsatz von Recht und Gerechtigkeit beruht. Wir glauben, daß dies eine Grundlage dafür darstellt, die russisch-japanischen Beziehungen durch die Lösung der Territorialfrage vollständig zu normalisieren“, heißt es diplomatisch. Das einstige Reich des Bösen wird außerdem für seine Abrüstungsbemühungen und Wirtschaftsreformen gelobt und ihm weitere Unterstützung zugesagt.

In anderen Absätzen fordern die G-7 wiederum „wirksame Exportkontrollen“ für Atomwaffen und Nuklearmaterial. Verhindert werden soll die „Weitergabe von Know-how über Massenvernichtungswaffen“ durch arbeitslos werdende Atomtechniker. Zu diesem Zwecke, ergänzte Regierungssprecher Dieter Vogel vor JournalistInnen, werde eine engere Zusammenarbeit mit den ex-sowjetischen Wissenschaftlern angestrebt.

Laut Vogel sind die G-7 generell zu weiteren „Umschuldungsmodalitäten“ für Rußland bereit. Darüber wollen sie allerdings heute nachmittag nicht mit dem russischen Präsidenten Boris Jelzin verhandeln, weil das Thema Sache aller Gläubigerländer sei, die im Pariser Club zusammengeschlossen sind. Jelzin, der gestern entgegen der ursprünglichen Planung mit den Großen 7 zu Abend speiste, hatte am Wochenende einen weiteren Zahlungsaufschub für die 74 Milliarden Dollar Auslandsschulden seines Landes verlangt.

Die Streitpunkte zwischen den einzelnen Ländern wurden offenbar in den Beratungen der Regierungschefs ausgeklammert. So verlautete zu den stockenden Gatt-Verhandlungen zur Liberalisierung des Welthandels lediglich aus Diplomatenkreisen, daß das Thema bis 20. September tabu sei: An dem Tag sollen die Franzosen ihr Ja zu Maastricht abgeben. Weitere Diskussionen über die Agrarpolitik, den Hauptstreitpunkt zwischen den USA und der EG , will sich Fran¿ois Mitterrand offenbar ersparen.