Kohl verteidigt den Münchner Kessel

München (afp/dpa/taz) — Bundeskanzler Kohl hat auch nach den jüngsten Festnahmen das scharfe Vorgehen der Polizei während des Wirtschaftsgipfels verteidigt. Die Polizisten hätten aus Pflichtgefühl einen schwierigen Dienst versehen und könnten mit seiner „ganzen Sympathie“ rechnen, sagte Kohl am Mittwoch nach dem offiziellen Ende des G-7-Treffens. Die 500 Demonstranten, die am Rande der Eröffnungsfeierlichkeiten am Montag eingekesselt und vorübergehend festgenommen worden waren, hätten nur „dem eigenen Land Schaden zufügen“ wollen. „Wer kommt, um Gäste anzupöbeln, der kann von meiner Seite keine Sympathie verlangen.“

Der CSU-Vorsitzende Theo Waigel rechtfertigte den umstrittenen Einsatz beim Polizeikessel vom Montag und die Massenfestnahme von 500 Gipfelgegnern als Aktionen zum Schutz friedlicher Bürger. „Statt einer künstlichen Aufregung um Störer“ müsse der Polizei gedankt werden. Für erheblichen Wirbel sorgte auch am Mittwoch noch die Äußerung von Ministerpräsident Max Streibl (CSU), hartes Hinlangen sei eben bayerische Art. Der Münchner Bürgermeister Christian Ude (SPD) sagte: „Es ist eine unflätige Beleidigung der Bayern, wenn Streibl behauptet, wer nach Bayern kommt, muß damit rechnen, daß härter zugepackt wird.“ Die Bayern zeichneten sich nicht durch Hysterie aus, so Ude. Die bayerischen Grünen forderten Streibl auf, sich bei der bayerischen Bevölkerung zu entschuldigen.

Die CSU stellte sich am Mittwoch deutlich hinter den Polizeieinsatz. In einem Kommentar des Parteiorgans 'Bayernkurier‘ hieß es: „Münchens Polizeipräsident tat, was seines Amtes ist, und ließ die Störer abdrängen, wobei sich jeder aus der Gruppe hätte entfernen können, was die Randalierer freilich nicht taten.“ Bei den Demonstranten handele es sich nicht um empörte Bürger, sondern um „ausgebuffte Profis“. Diese hätten sich zu Boden geworfen und versucht, den Eindruck zu erwecken, sie seien von der Polizei niedergeknüppelt worden, hieß es in dem Blatt weiter.

Die bayerischen Grünen verlangten gestern, daß die Daten der erkennungsdienstlich behandelten Demonstranten sofort gelöscht werden müßten. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polizisten verurteilte den Polizeieinsatz. In einer Erklärung hieß es, „mit unglaublicher Ignoranz“ seien in München die Grundrechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit außer Kraft gesetzt worden. Es habe sich um einen „unerträglichen Akt der Willkür“ gehandelt. Die Arbeitsgemeinschaft rief ihre bayerischen Kollegen auf, sich rechtswidrigen Polizeieinsätzen zu verweigern.