Und noch einmal: Wer erschoß JFK?

■ „Präsidentenmord“ (2), heute, 22.30 Uhr, West 3

Als Nigel Turner 1988 für den kommerziellen britischen TV-Sender ITV eine mehrteilige Dokumentation über die dubiosen Geschehnisse rund um den Mord an John F. Kennedy erstellte, heimste die Serie in England ungeheure Einschaltquoten ein.

Und auch als der WDR im selben Jahr die Folgen zu einem Film zusammenschnitt, waren hierzulande rund zwölf Prozent aller Zuschauer dabei. Turner blieb dran an der mehr als mysteriösen Geschichte, obwohl zeitgleich ein gewisser Oliver Stone in den Archiven kramte, um aus dem Stoff einen Polit-Thriller zu basteln. Als Turners Fortsetzung in Großbritannien über die Fernsehschirme flimmerte, hatte Stones Film längst in den Kinos reüssiert, doch das Interesse der Zuschauer schien durch die cineastische Konkurrenz eher gesteigert denn erlahmt. Und das, obwohl die solide gemachte Dokumentation über weite Strecken mit denselben Erkenntnissen aufwartet wie der Hollywood-Streifen. Lee Harvey Oswald kann unmöglich der Einzeltäter gewesen sein; die Warren- Kommission hat offensichtlich vorsätzlich Beweismaterial unterdrückt; vieles spricht für eine großangelegte Verschwörung, die Oswald nur als Strohmann benutzte etc. etc.

Obwohl Turner mit einigen bisher unveröffentlichten Materialien und Zeugenaussagen aufwarten kann, besteht der Reiz seiner Dokumentation in erster Linie in dem Umstand, daß sie jene Figuren als „reale“ Zeitzeugen aufbietet (u.a. jenen aufrechten Staatsanwalt Jim Garrison, alias Kevin Costner), die bei Stone lediglich als Spielfiguren zu sehen waren. Eine endgültige Antwort auf die entscheidende Frage, wer letztendlich für jenen Mord verantwortlich war (CIA, Mafia, Rüstungslobby, Exil-Kubaner oder alle miteinander?), vermag natürlich auch Turner nicht zu geben. Gleichwohl, ein spannendes Exempel für investigativen Journalismus bleibt sein Film allemal. Auch wenn er, nolens volens, dazu beiträgt, den Heiligenschein des JFK ungerechtfertigterweise weiter am Leben zu erhalten. Reinhard Lüke