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Duell der siamesischen Zwillinge

■ Beim Mannschaftszeitfahren auf der 4. Etappe der 79. Tour de France überholte der italienische Co-Favorit Bugno seinen großen Rivalen Miguel Induráin/ Sieg für Olaf Ludwigs Panasonic-Team

Berlin (taz/dpa) — Vor dem Mannschaftszeitfahren der 79. Tour de France war Laurent Fignon noch skeptisch. „Die anderen ernten die Früchte unserer Mühsal“, kritisierte er den Kapitän seines „Gatorade“- Teams, Gianni Bugno, der in den Pyrenäen gemeinsam mit Claudio Chiappucci mächtig aufs Tempo gedrückt und seine Untergebenen gehörig ins Schwitzen gebracht hatte. „Auf diese Art riskieren wir es, wertvolle Kräfte für das Mannschaftszeitfahren zu verlieren“, wetterte der Franzose, doch dann lief es auf den 63,5Kilometern von Libourne recht ordentlich. 21 Sekunden hinter den Siegern, dem „Panasonic“-Team um Maurizio Fondriest, Wjatscheslaw Jekimow und Olaf Ludwig, rauschten Bugno und Genossen durchs Ziel.

Vierzehn Sekunden schneller war zwar Chiappuccis „Carrera“, doch die Enttäuschung des Tages lieferten Miguel Induráin und Pedro Delgado mit „Banesto“. Sie fuhren stolze 49 Sekunden langsamer als die Gewinner, dadurch zog Bugno in der Gesamtwertung an Induráin vorbei und hat nun 27 Sekunden Vorsprung vor dem Spanier. Nachdem dieser mit dem Sieg im Prolog die erste Runde des Duells der beiden Topfavoriten für sich entschieden hatte, ging die zweite damit klar an den Italiener.

Nun wartet alles gespannt auf das Einzelzeitfahren am 13.Juli in Luxemburg, wo sich die wahre Form der diesjährigen Tour-Protagonisten erweisen muß. Schon im vergangenen Jahr düsten Induráin und Bugno wie siamesische Zwillinge durch die Berge, diesmal dürfte es kaum anders ein. Die Taktik Induráins war bereits in den Pyrenäen deutlich geworden: abwarten, Tempo drosseln, Kräfte sparen, die Konkurrenz in Schach halten, bei Ausreißversuchen dranhängen. „Eine schöne Art zu fahren“, schimpfte Claudio Chiappucci, wie immer der agilste der Spitzenfahrer. „Ständig wiederholt er, daß er mich nicht fürchtet, aber wenn ich was tue, hängt er sich dran, ohne zu kooperieren. Er denkt bloß an die Zeitfahren.“ Bugno hingegen hat durchaus Verständnis für eine solche Fahrweise: „Logisch, wenn man bedenkt, daß er der Stärkste im Zeitfahren und bei den Aufstiegen nicht abzuhängen ist.“

Ob Induráin tatsächlich der stärkste Zeitfahrer ist, muß sich allerdings erst noch erweisen. So souverän, wie der Spanier in diesem Jahr die Rennen gegen die Uhr beim Giro d'Italia dominierte, so überlegen beherrschte Bugno den Giro 1990. In diesem Jahr konzentrierte er sich ausschließlich auf die Tour, und man kann davon ausgehen, daß er angesichts der auf die Zeitfahrer zugeschnittenen bergarmen Streckenführung bei der Vorbereitung besonderen Wert auf diese Disziplin legte.

Immer besser in Schwung kommt der recht schwach gestartete Greg LeMond. Die durch den französischen Fernfahrerstreik verzögerte Anfahrt im Auto habe ihm noch in den Knochen gesteckt, machte er geltend und hoffte inständig, daß die Trucker noch mal zuschlagen und der Tour einen unfreiwilligen Ruhetag bescheren würden. Diese Hoffnung erfüllte sich vorerst nicht, dennoch kam der US-Amerikaner beim Mannschafts-Zeitfahren mit seinem „Z“-Team auf den vierten Platz.

Während die Vorjahressieger Ariostea mit Rolf Gölz den Ausfall des Dänen Rolf Sörensen, der bereits am zweiten Tag aufgegeben hatte, nicht verkraften konnten und weit zurückfielen, war man bei „Telekom“ — nur knapp zwei Minuten langsamer als „Panasonic“ — hochzufrieden. „Unsere beiden besten im Gesamtklassement, Heppner und Ampler, haben mit ihrem perfekten Stil viel für das Tempo getan. Bei uns lief's gut“, freute sich der Franzose Marc Madiot. Matti

Gesamtklassement: 1. Pascale Lino (Frankreich) 18:34:51 Stunden, 2. Richard Virenque (Frankreich) 1:54 Minuten zurück, 3. Gianni Bugno (Italien) 5:06, 4. Claudio Chiappucci (Italien) 5:20, 5. Stephen Roche (Irland) 5:28, 6. Miguel Induráin (Spanien) 5:33, 7. Giancarlo Perini (Italien) 5:35, 8. Eddy Bouwmans (Niederlande) 5:40, 9. Dimitri Jadanow (GUS) 5:42, 10. Laurent Fignon (Frankreich) 5:49

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