„Lesbenterror“

■ Betr.:„Buten & Binnen“-Sendung vom 25.6.92 bezgl. der Veranstaltung von Anne-Gesine Roggendorf (“Ambrosia“) im Konsul-Hackfeld-Haus

Offenbar schien es nicht im Interesse Radio Bremens zu sein, deutlich zu machen, warum die Lesben/Frauen so zahlreich ihren Unmut kundtaten.

Die Sendung mutete sich als eine hysterische Stimmungsmache an, in der sich Frau Roggendorf im Vorfeld der ganzen Affäre verbal zu verteidigen suchte und die Lesben/Frauen gleich mit Buttersäure um sich warfen, um ihr Dasein als „kleine radikale Minderheit“ unter Beweis zu stellen.

Der benannte Buttersäureanschlag war eine Reaktion auf eine Veranstaltung unter der Leitung von Egbert Richter im „Ambrosia“, „Sexualität und Wohngemeinschaft“. Diese Kenntnis schien Radio Bremen offensichtlich entglitten zu sein, beabsichtigt oder unbeabsichtigt sei einmal dahin gestellt.

Ein ziemlicher Brüller war in dieser scheinbar objektiven Berichterstattung dann auch die Frage an die singenden Lesben/Frauen „warum singst du?“, um die scheinbare Harmlosigkeit gleich umkippen zu lassen: Als die Frage „Kennst Du Lesben/Frauen, die betroffen sind?" nicht mit evtl. erwarteten Namens-und Adressensnennungen beantwortet wurden, sah sich die Reporterin gleich gezwungen, sämtliche Geschehnisse ad hoc in zweiflerische Scheinspekulationen zu verpacken und allen anwesenden Lesben/Frauen die Glaubhaftigkeit abzusprechen. Letztenendes ist es eine eigenartig anmutende Symbiose: Richter'scher Sexismus und das mutterrechtliche Roggendorf'sche Gebetsmühlengeknatter; dieser Sprung ist gewagt und selbiger ein Schlag ins Wasser.

Mit all diesen obskuren Äußerungen fällt Frau Rogendorf nicht nur den Lesben/Frauen auf den Wecker, die ihr Leben selbstbestimmt und —bewußt leben, sondern auch all den Frauen/Lesben, die sich für die Abschaffung des §218 einsetzen.

Wenn „eine Gesellschaft sich nur über das Kind entwickeln kann“, wie es Frau Roggendorf behauptet, ist zu fragen, wie die Gesellschaft mit den ungewollten Kindern klarkommt, für die wir Frau Roggendorf hiermit dankbar die Adoptionsurkunde ausstellen wolllen. Amen. Vera Venz, Ute Walter, Katrin Grunwald