Darjeeling bald Bio?

■ Internationales Brainstorming im Schloß Hakeburg

Berlin (taz) — Die auf der Konferenz von Rio propagierte nachhaltige Entwicklung (sustainable development) ist dabei, uns eine Herzensangelegenheit zu werden. Und während die einen nur darüber reden, handeln andere bereits.

Schlechte Nachrichten gibt es für Teetrinker. Pestizide wie Lindan werden in Teeplantagen zwar nicht mehr eingesetzt. Statt dessen wird jedoch Ethion verwendet. Wie die Rückstände dieses Stoffes im menschlichen Organismus wirken, ist bisher unerforscht. Die gute Nachricht ist nun, daß universitäre Kreise dabei sind, aus dieser bitteren Erkenntnis nachhaltige Konsequenzen zu ziehen. Professor Günter Faltin, Arbeits- und Berufspädagoge an der Freien Universität Berlin, brachte Experten der Produzenten- und der Konsumentenseite zusammen. Im Schloß Hakeburg, einer ehemaligen Stasi- Residenz in Kleinmachnow, traf sich am Dienstag die internationale Gruppe zum Brainstorming: vier Tee-Experten, zwei aus Indien, zwei aus Deutschland, ein Lebensmittelchemiker, ein Fachmann für Bio-Anbaumethoden und zwei Pädagogen.

Chemie raus, Bio rein. So einfach geht das natürlich nicht. Längst sind die Produzenten unabhängig und selbstbewußt genug, um zu entscheiden, wo und wie sie ihren Tee anbauen. Und Vertreter der Chemie- und Pharmakonzerne (ICI, Hoechst u.a.) haben lange genug gebaggert, um die Teepflanzer von den ertragsteigernden Wirkungen ihrer Produkte zu überzeugen.

Jetzt kommen andere Experten aus den gleichen Kulturkreisen und erzählen ihnen das Gegenteil: sie sollen das Gras zwischen den Teesträuchern nicht vernichten, sondern wachsen lassen, um die Auslaugung und Erosion der Böden durch die Monokultur zu bekämpfen. Wiederaufforstung ist zu betreiben und gezielter Anbau von Nutzholzpflanzen, um dem unkontrollierten Einschlag zu Brennholzzwecken zu begegnen. Statt chemischer „Waffen“ bei der Schädlingsbekämpfung sollen biologische zum Einsatz kommen.

Die Skepsis stand den Gästen aus Assam und Darjeeling ins Gesicht geschrieben. Doktor Borbora vom indischen Teeforschungsinstitut antwortete ausweichend auf die Frage, was er vom Begriff der nachhaltigen Entwicklung halte: „Jede Entwicklung sollte nachhaltig sein.“ Faltin, von den Anstrengungen der Überzeugungsarbeit des Tages gezeichnet, ist zuversichtlich, daß Kontakte und Diplomatie weiterhelfen werden. Borbora versprach zumindest: „Wir werden die vorgeschlagenen Methoden in Versuchslabors testen.“ Lothar Langer