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Wie viele Flüchtlinge erträgt Deutschland?

■ Wo der Staat versagt, helfen Initiativen von unten. Friedensgruppen unterstützen Flüchtlinge und Deserteure

Ist das Boot wirklich voll, wie uns die Politiker unisono weismachen wollen? Der „Bund für Soziale Verteidigung“ glaubt es nicht und will den Gegenbeweis antreten. In einem jüngst veröffentlichten Appell an die Öffentlichkeit, der auch von der „AG Jugoslawien im Netzwerk Friedenskooperative“, den Grünen, der „Initiative Frieden und Abrüstung“, „Ohne Rüstung Leben“ und einem Dutzend weiterer Gruppierungen unterzeichnet ist, heißt es: „Überlegen Sie, ob Sie nicht Platz haben, um eine oder mehrere Personen bei sich wohnen zu lassen.“ Sobald 1.000 Personen ihre Bereitschaft erklärt hätten, einen oder mehrere Flüchtlinge aufzunehmen, so die Organisatoren der Hilfsaktion, werde man sich an die Öffentlichkeit wenden und die Öffnung der Grenzen sowie die Erteilung des Duldungsaufenthaltsrechts für alle Kriegsflüchtlinge fordern, die dann auch Anrecht auf Sozialhilfe hätten. Weit über hundert Privatpersonen und Institutionen haben bereits schriftlich zugesichert, Flüchtlingen ein Obdach zu bieten, „unter der Bedingung, daß die Grenzen für Kriegsflüchtlinge geöffnet werden und ihnen in der BRD die Aufenthaltsbefungnis erteilt wird“.

Um eine besondere Art von Kriegsflüchtlingen sorgen sich andere Friedensfreunde. Die „Deutsche Friedensgesellschaft/Verein der KriegsdienstgegnerInnen (DFG/VK) Hessen“ — die Ansage auf dem Anrufbeantworter ist deutsch und serbokroatisch — vermittelt Deserteuren in Deutschland ein Obdach. Auch „Pax Christi“ unterstützt diese Initiative. Ihre Aachener Gruppe beispielsweise hat sechs Fahnenflüchtigen eine Unterkunft besorgt. Es sind Serben, Kroaten, Muslime und auch Jugoslawen aus ethnisch gemischten Ehen. Ein Erfahrungsaustausch unter den Deserteuren habe zunächst mal, so einer der Betreuer, ein abgrundtiefes Mißtrauen zutage gefördert.

Auf den Skandal an der deutsch-österreichischen Grenze, wo sich bosnische Flüchtlinge stauen, macht vor allem der Bayerische Flüchtlingsrat immer wieder aufmerksam. Seine allesamt ehrenamtlichen Mitarbeiter ziehen mit Transparenten vor die Zollhäuschen und verteilen Flugblätter und bieten Rechtshilfe an.

Um die Flüchtlinge in Kroatien selbst kümmert sich das „Komitee für Grundrechte und Demokratie“ mit Sitz in Sensbachtal (Hessen), das bereits medizinische Hilfe im Wert von einer halben Million Mark geleistet hat. Im umkämpften Slawonien finanzierte die Organisation eine Impfkampagne. Sie unterstützt Antikriegsgruppen in Zagreb, Belgrad und Sarajevo.

Ebenfalls Schützenhilfe für Kriegsfeinde leistet die Berliner „Initiative zur Unterstützung der Friedensbewegungen im ehemaligen Jugoslawien“. Neben Medikamenten und Hilfsgütern im Wert von 4.000 DM hat sie in der vergangenen Woche 120.000 Blatt Papier für Aufklärungsarbeit nach Serbien gebracht. Die Initiative unterstützt vor allem unabhängige Medien in Serbien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina. Die Namen der betreffenden Zeitschriften und Radiosender will sie aus verständlichen Gründen nicht nennen. Aber bereits 100.000 Mark sind in die Friedensarbeit in Jugoslawien investiert worden. Da vor allem in Serbien, aber auch in Kroatien, die staatlichen Medien und regierungstreuen Zeitungen zu Organen der Kriegspropaganda geworden sind, eine durchaus sinnvolle Hilfe. thos

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