Hafenstraße noch bunter

■ Neues Wandbild in 30 Stunden gemalt / Behörden störten diesmal nicht

in 30 Stunden gemalt / Behörden störten diesmal nicht

Selbst kräftiger Platzregen dämpfte am Wochenende nicht den künstlerischen Elan der Hafenstraßenbewohner, die einen weiteren Teil ihrer Häuserzeile verzieren wollten. Innerhalb von 30 Stunden errichtete eine Malerbrigade an der zuvor tristen Hauswand des Mittelblocks ein Gemälde, das an die Unterdrückung in der Dritten Welt gemahnen soll.

Die Aktion, begleitet von einem „bunten Wochenende“ vor den Häusern, begann am Samstag um sechs Uhr morgens. Innerhalb von zwei Stunden wurde an der linken Hälfte der Giebelwand ein riesiges Baugerüst aufgebaut. Sogleich wurde die in Felder zerlegte Din- A4-Skizze des Gemäldes auf die in Quadratmetern gerasterte Fassade übertragen. Sodann begannen mehrere dutzend Anstreicher die Konturen mit Farbe auszufüllen.

Auch Regen schreckte die Künstler nicht davor ab, die Malarbeiten bis tief in die Nacht fortzusetzen. Während unten Musiker für den entsprechenden Background sorgten, schwangen oben im Scheinwerferlicht die Maler die Pinsel. Am Sonntag morgen war ein Kunstwerk fertig, das bei Fischmarktbesuchern reges Interesse fand: Ein feuerspuckender Vulkan, der die Bonzen hinwegfegt, aufgebrachte Gorillas im Dschungel und der Indianerspruch: „Sie rissen unsere Früchte ab, sie rissen unsere Zweige ab, sie verbrannten unseren Baumstamm, aber sie konnten nicht unsere Wurzeln töten.“

Noch vor wenigen Wochen hatte die Ankündigung, an dieser Wand ein ähnliches Gemälde zu 500 Jahre Kolonialismus anzubrin-

1gen, eine Nacht- und Nebelaktion verschiedener staatlicher Stellen ausgelöst. Im Schutz der Polizei ließ die Verwaltungsgesellschaft „Hafenrand“ das Metallgestänge demontieren und auf nimmer Wiedersehen verschwinden. Die Bewohner haben jetzt die Stadt auf Herausgabe verklagt. Vor zwei Jahren kam es im Zuge einer Malaktion sogar zu einem brutalen Polizeieinsatz - an diesem Wochenende schien es in den Behörden niemanden zu interessieren. Kai von Appen