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NDR, Du mußt jetzt ganz tapfer sein

Auch in Hamburg haben die Kommerzradios den Quotenkampf gewonnen  ■ Von T.Wezel und M.Busche

Im Hamburger Äther ist der NDR nur noch zweite Wahl. Nach der von Infratest erstellten „Hörfunkanalyse Nord“ (5/92) hören 64Prozent der Hamburger RadiohörerInnen private Radiosender gegenüber 37Prozent im letzten Jahr. Die „Tagesreichweite“ des NDR schrumpfte hingegen von 62 auf 54Prozent. Damit ist Hamburg, nach Berlin, das zweite Bundesland, in dem die privaten Stationen den Wettstreit um die Einschaltquoten gewonnen haben. Bei den jungen HörerInnen sind die Verluste besonders eklatant. Private Sender werden von den 14- bis 29jährigen nahezu viermal so häufig eingeschaltet wie die öffentlich-rechtlichen. Eine vom NDR in Auftrag gegebene Studie bestätigt das Abwandern der JunghörerInnen. Diesen Erdrutsch will der NDR mit einem „werbefreien und kritischen“ Jugendradio auf einer fünften Frequenz abfangen. Starten soll das neue Programm laut NDR-Intendant Jobst Plog „spätestens am 1.Januar 1994“. Aus Frequenzmangel soll vorerst nur in Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern gesendet werden. Nachdem der NDR in Mecklenburg-Vorpommern das Jugendradio DT64 abgeschaltet hat, ist die Entscheidung für eine neue Station kaum nachvollziehbar. Fraglich bleibt auch, ob auf Kosten der GebührenzahlerInnen jedesmal dann eine neue Frequenz eingerichtet werden sollte, wenn die Konzepte der vorhandenen Programme nicht mehr ansprechen.

Auch die Hamburgische Landesmedienanstalt (HAM), Kontrollorgan für den Hamburger Privatfunk, sieht „den Bedarf der Jugendlichen bereits durch die privaten Sender gedeckt“. Die HAM interessiert sich jedoch weniger für die Bedürfnisse Jugendlicher, als vielmehr für die ökonomische Basis der hanseatischen Kommerzsender. Ein öffentlich-rechtliches Jugendradio würde die Einschaltquoten der „Musikmaschinen“ Radio Hamburg und OK Radio, die den größten Anteil der JunghörerInnen für sich gewinnen konnten, dezimieren. Trotz aller programmlichen Unterschiede dürfte ein Teil der HörerInnen umschalten. Die beiden Sender sprechen nämlich nach Infratest vorzugsweise HörerInnen mit den Freizeitinteressen „Videokassetten ausleihen“, „Fitnessstudio, Bodybuildingcenter besuchen“ und „Motorrad, Moped, Mofa fahren“ an. Ein Sender für politisch und kulturell interessierte Jugendliche hat die „Medienhauptstadt Hamburg“ hingegen nicht zu bieten. Dafür bedarf es jedoch nicht eines neuen NDR-Senders, sondern lediglich der Ausweitung von DT64 aus Mecklenburg- Vorpommern und der Lizensierung des Hamburger Alternativsenders Radio Loretta.

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