Frauenquoten an der Uni

■ Frauenförderrichtlinien an der Fachhochschule für Sozialarbeit verabschiedet/ Rektor Wolff sieht Freiheit der Wissenschaft gefährdet

Berlin. »Ich bin nach wie vor der Meinung, daß diese Richtlinien totalitäre Tendenzen aufweisen«, mit diesen Worten kommentierte Reinhart Wolff, Rektor der Fachhochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (FHSS) am Dienstag die Frauenförderrichtlinien seiner Fachhochschule. Nach heftigen Diskussionen verabschiedete der Akademische Senat der FHSS dann allerdings mit überraschend großer Mehrheit die von der Frauenbeauftragten und dem Frauenrat der FHSS vorgelegten Richtlinien. Damit ist die Fachhochschule nach der FU die zweite Berliner Hochschule, die sich Richtlinien zur Gleichstellung von Frauen gegeben hat.

Und wie an der FU, wo die Frauenförderrichtlinien Ende letzten Monats erst nach sechsstündigen hitzigen Kontroversen zur Abstimmung kamen, gestaltete sich auch diese Senatssitzung als Geschlechterkampf. Schon in ersten Diskussionen des Akademischen Senats hatte Rektor Wolff darauf hingewiesen, daß die Richtlinien »die Freiheit der Wissenschaft« gefährdeten. Im gleichen Atemzug entdeckte er sogar einen Zusammenhang zwischen dem angeblichen »Totalitarismus« der Frauenförderrichtlinien und der Vergangenheit von »Hitler-Diktatur und DDR-Regime«. Harte Geschütze, die mann da auffuhr.

Doch was erregte die männlichen Gemüter an FHSS und FU so sehr? In den Frauenförderrichtlinien, deren Erarbeitung zu den Aufgaben jeder Frauenbeauftragten einer Hochschule gehört, geht es in erster Linie um die angemessene Beteiligung von Frauen an Lehre und Forschung. So sehen alle Hochschulen Berlins in ihren erarbeiteten Richtlinien Quoten vor. Und zwar Quoten, die sich nach dem Anteil der Studentinnen richten. An der Freien Universität wurden flexible Quoten pro Fachbereich erstritten. Das heißt, Fachbereiche wie die Germanistik, in denen mehr als 50 Prozent aller Studierenden Frauen sind, sollen auch mehr Dozentinnen als männliche Lehrende einstellen.

Im Paragraphenwerk der FHSS heißt es, Frauen sollen bei »erforderlicher Qualifikation« bevorzugt eingestellt werden. Damit gehen die Frauenförderrichtlinien noch über die Formulierungen des Landesantidiskriminierungsgesetzes (LADG) hinaus. Hier heißt es: »Bei gleichwertiger Qualifikation werden Frauen bevorzugt«. Zur Begründung meinte Brigitta Hentschel, Frauenbeauftragte der FHSS, da Frauen in der Regel nicht über einen solch geradlinigen Berufsweg wie Männer verfügten, sollten sie auch nicht mit männlichen Bewerbern verglichen werden. Dahinter witterten gerade männliche und zudem politisch linke Vertreter der Lehre Böses. Absatz für Absatz hangelte sich der Akademische Senat der FHSS durch das Paragraphenwerk der Frauengleichstellung. Sobald es um Quoten ging, verwiesen Rektor oder Prorektor in schöner Einmütigkeit auf die angebliche Verfassungswidrigkeit. Prorektor Martin Griese bemühte, wie schon FU-Präsident Gerlach, letzte Urteile des Oberverwaltungsgerichts Münster, in dem das Frauenfördergesetz von Nordrhein-Westfalen als angeblich verfassungswidrig moniert wird. »Auch dieser Absatz ist gesetzeswidrig!« Doch auf die Senatsfrauen machte das keinen Eindruck. Sie konterten mit Gesetzestexten und forderten eine sachliche Diskussion ein. Prorektor Griese schlug prompt vor, bei künftigen Stellenbesetzungen das »Würfelprinzip einzuführen«.

Sämtliche Berliner Hochschulen befassen sich derzeit mit Frauenförderrichtlinien. An der Fachhochschule für Wirtschaft und der TU wird noch diskutiert, die Humboldt- Universität erarbeitet weitere Vorschläge. Viel zu viele bürokratische Regelungen und totalitäre Züge wurden auch schon Christine Färber, Frauenbeauftragte an der FU, vorgehalten. Sie ist froh, daß die Förderrichtlinien mit großer Mehrheit im Senat verabschiedet wurden. »Damit habe ich jetzt eine politische Handhabe, nach der ich handeln kann und von der ich weiß, daß die Mehrheit der FU sie trägt.« Wie sich die Frauenförderung nun in der Praxis bewährt, bleibt abzuwarten. »Als Frauenbeauftragte kann ich jetzt politisch mit einem Beschluß der FU arbeiten«, meint Christine Färber. flo