DAUERKRANKE DÜRFEN JETZT ENTLASSEN WERDEN

Krankheit wird geprüft

Kassel (AP/dpa) — Arbeitnehmer dürfen einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zufolge nach längeren krankheitsbedingten Fehlzeiten entlassen werden, wenn davon auszugehen ist, daß sie bei weiterer Fortsetzung ihrer Tätigkeit durch Arbeitsunfähigkeit ausfallen. Nach der jetzt in Kassel veröffentlichten Entscheidung können die Arbeitnehmer den Gegenbeweis antreten, indem sie die behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbinden. Zudem muß der Arbeitgeber dem Betroffenen gegebenenfalls einen für ihn geeigneten anderen Arbeitsplatz anbieten, soweit ein solcher verfügbar ist. Das Bundesarbeitsgericht billigte mit dem Urteil die Entlassung eines Arbeiters aus Rheinland-Pfalz, der innerhalb von drei Jahren so oft krank war, daß dem Arbeitgeber Lohnfortzahlungskosten in Höhe von 20.000 Mark entstanden. Auch nach einer anschließenden Kur mußte der Mann weiter ständig Medikamente einnehmen und war nach Feststellung des Vertrauensarztes für seine bisherige Tätigkeit nicht mehr voll einsatzfähig. Der Arbeitgeber bot dem Mann daraufhin eine anderweitige Tätigkeit an, die der Beschäftigte allerdings wegen der damit verbundenen Verdienstminderung von sich aus ablehnte. Der von dem Mann angestrebte Einsatz als Kraftfahrer scheiterte ebenfalls an seinem Gesundheitszustand. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber mit Zustimmung des Betriebsrates das Arbeitsverhältnis.

Der Arbeitnehmer entgegnete, er sei fast 50 Jahre alt und fände in Anbetracht seiner gesundheitlichen Einschränkungen keinen neuen Arbeitsplatz entsprechend seiner bisherigen Bezahlung.

(AZ: BAG 2 AZR 364/91).

Die gelbe Krankmeldung mit der Unterschrift des Arztes gilt jedoch nach wie vor als Beweis für Arbeitsunfähigkeit. Ernsthafte Zweifel müssen geprüft werden. In einem weiteren Rechtsstreit wiesen die höchsten deutschen Arbeitsrichter die Ansicht eines Arbeitgebers zurück, jedermann wisse, wie leicht Krankmeldungen vom Arzt zu bekommen seien. Die Firma hatte die Krankmeldung eines Bauhelfers angezweifelt, der nach einem Busunfall ein „pelziges Gefühl“ im Finger verspürt hatte.

(Az: 5 AZR 312/91)