Grüne gegen „Energieverschwendungs“-Bonus

■ Arbeitsgruppe Energie kritisiert verbilligte Stromrechnungen für Stadtwerke-MitarbeiterInnen

Vor einem Jahr stellten die Bremer Stadtwerke voller Stolz die „Spar-Familie Pawlik“ der Öffentlichkeit vor, die in ihrem neuen „Energie-Sparhaus zum Vorbild werden“ sollte. Keine Gelegenheit zur öffentlichen Selbstdarstellung läßt der örtliche Energieversorger aus, wenn es darum geht, die Umweltfreundlichkeit seiner Dienstleistungen ins rechte Licht zu rücken. Mit der Vorbild-Funktion der eigenen Reihen ist es dagegen nicht so weit her: Die Signale nach innen sehen ganz anders aus.

Selbst wenn sie Strom und Gas wie in den sorglosesten Zeiten des Wirtschaftswunders verschwenden würden, in den Portemonnaies der etwa 3.200 Stadtwerke- MitarbeiterInnen machte sich dies kaum bemerkbar: Sie zahlen nämlich für die in ihren privaten Haushalten verbrauchte Energie nur etwa die Hälfte des normalen Preises.

Aufgestoßen ist diese Praxis dem „Arbeitskreis Energie“, für den die Grüne Abgeordnete Elisabeth Hackstein das Thema „Stadtwerke-Bonus“ demnächst in Form einer Anfrage im Bremer Senat behandelt wissen will. Gegen die Vergünstigungen für MitarbeiterInnen hat die Grüne nichts einzuwenden — „so etwas ist in jeder Firma üblich“, so Hackstein. Aber: „Ausgerechnet die MitarbeiterInnen der Stadtwerke werden zum Verschleudern von Energie angestachelt. Wenn sie nur den halben Preis für Strom und Gas zahlen müssen, haben die nicht mal den Anreiz, auch nur eine Energiesparlampe zu kaufen!“ Hackstein vermutet, daß den Stadtwerken durch diesen unzeitgemäßen „Energieverschwendungsbonus“ jährlich drei Millionen Mark Einnahmen durch die Lappen gehen.

„Völlig aus der Luft gegriffen“ nennt Stadtwerke-Sprecher Heinrich-Peter Berndt diese Zahl: „Zudem betrachten wir das nicht als Einnahmeverlust, sondern als Vergünstigung für die, die das Produkt erarbeiten.“ An der sei auch „nichts zu rütteln“, sonst steige dem Vorstand der Betriebsrat aufs Dach — die Vergünstigung sei seit Jahrzehnten fester Bestandteil des Einkommens.

Eine „Unterstellung“ findet Berndt die Behauptung, daß so der Energieverschwendung Tür und Tor geöffnet seien: Eine interne Kostenaufstellung gebe es zwar nicht, aber in einer internen Stichprobe sei bereits vor einem Jahr festgestellt worden, daß StadtwerkerInnen im Durchschnitt weniger Strom und Gas verbrauchten als Ottilie Normalverbraucherin. Und der „corporate identity“ der Bremer StromableserInnen, StarkstromelektrikerInnen, Ver- und EntsorgerInnen und EnergieberaterInnen ist sich Berndt sicher: „Unter den Stadtwerke-Mitarbeitern ist der Energiespar-Gedanke schon sehr weit verbreitet.“ Ob 200 Mark mehr oder weniger nun zum Sparen anregten oder nicht, darüber ließe sich ja diskutieren — aber: „Mir persönlich tut jeder Hundertmarkschein weh“, so der Stadtwerkesprecher.

Der „Arbeitskreis Energie“ will nun vom Senat fordern, sich über ihre Aufsichtsfunktion in den Stadtwerken für Subventionen von Wärmedämmung, Energiespargeräte oder Sonnenkollektoren einzusetzen. Mit Vergünstigungen dieser Art kann sich der Stadtwerkesprecher nicht so recht anfreunden, schließlich bezögen sie sich auf Produkte, die gar nicht von den Stadtwerken selbst produziert weren und deshalb zusätzliche Kosten verursachen würden. Aber: „Es gibt in der Tat innerhalb der Stadtwerke Überlegungen, finanziellen Anreize zum Energiesparen zu schaffen“, sagt Berndt. Wie die aussehen könnten, verrät er nicht, und: „Obwohl es natürlich sinnvoll wäre, daß die Stadtwerker als Vorbild energiesparend handeln, ist dabei in erster Linie an unsere Kunden gedacht.“ Susanne Kaiser