Werftbüros in Lemwerder durchsucht

■ Ermittlungsverfahren gegen Abeking & Rassmussen wegen womöglich illegalem Taiwan-Export

Mit einer mehrstündigen Durchsuchungsaktion reagierte gestern die Oldenburger Staatsanwaltschaft auf den im „Spiegel“ erhobenen Vorwurf, die Werft „Abeking & Rasmussen“ in Lemwerder bei Bremen habe vier nach Taiwan gelieferte Mehrzweck- Küstenschiffe in Minensuchboote umgerüstet. Mitarbeiter der Zollfahndung suchten in den Geschäftsräumen der Werft nach Hinweisen dafür, daß die vier Schiffe tatsächlich — wie vom Spiegel behauptet — in einem Hafen der taiwanesischen Kriegsmarine von mehreren dutzend Mitarbeitern aus Lemwerder umgerüstet worden sind.

Die Geschäftsführung der Werft hat die Vorwürfe gestern unterdessen als „unzutreffend“ zurückgewiesen. Es seien lediglich bei dem genehmigten Export der Versorgungsschiffe „wie bei Großaufträgen üblich drei Mitarbeiter als Garantie-Ingenieure nach Taiwan entsandt“ worden. Für weitere Auskünfte sah eine Sprecherin „keinen Grund“.

„Das Ermittlungsverfahren haben wir Ende letzter Woche eingeleitet, nachdem wir in Vorabberichten von der Spiegel-Veröffentlichung erfahren hatten“, sagte der Sprecher der zuständigen Oldenburger Staatsanwaltschaft gestern. Falls Abeking- und-Rassmussen-Mitarbeiter die Schiffe tatsächlich in Taiwan umgerüstet hätten, sei dies allerdings „wahrscheinlich keine Straftat“, meinte er. Strafbar sei nach dem Außenwirtschaftsgesetz lediglich der Export von Kriegsschiffen, allerdings auch der „Rümpfe von Minensuchbooten“, auf denen die entsprechende Kriegsausrüstung erst später angebracht werde. Über Umfang und mögliche Dauer der Ermittlungen wollte sich die Staatsanwaltschaft gestern nicht äußern. „Wir tun unsere Pflicht“, erklärte der Sprecher lediglich.

Um das Taiwan-Geschäft der Lemwerder Werft hatte es bereits im Oktober 1990 öffentlichen Wirbel gegeben. Von einem Protest des grünen Abgeordneten Manfred Schramm und der Bremer „Kampagne gegen Rüstungsexporte“ aufgeschreckt, hatten die Kontrolleure des Bundesamtes für Wirtschaft in Eschborn noch zwei Stunden vor dem geplanten Auslaufen das erste der vier Schiffe festgehalten und gründlich untersucht. Verdacht hatten vor allem der — bei Minensuchern übliche — hölzerne Rumpf und die Druckkammern der angeblichen Küstenversorgungsschiffe erregt.

Doch bereits am nächsten Tag — noch vor Erstellung des offiziellen Untersuchungsberichts — hatte es Entwarnung aus Eschborn gegeben. Der in den Schiffen verwendete Voith-Schneider- Propeller sei nicht in der Lage, die zum Minenräumen notwendige Geschwindigkeit von 16 bis 18 Knoten zu erzielen, hieß es zur Begründung. Das Schiff durfte auslaufen.

Erst knapp zwei Jahre später ist es jetzt in dem taiwanesischen Militärhafen „Kao-hsiung“ wieder aufgetaucht. Die Bonner Regierung dürfte diese Nachricht allerdings weniger überraschen: Mehrmals soll die Volksrepublik China bereits gegen diesen deutschen Rüstungsexport protestiert haben.

Abeking & Rassmussen verspricht sich von seiner Konstruktion der 50 Meter langen und 500 Bruttoregistertonnen großen Mehrzweck-Schiffe einen Exportschlager vor allem in Länder der Dritten Welt. Sie könnten gleichzeitig als „Feuerwehr, Rettungskreuzer, Forschungsschiff, Ölwehr und Bohrinsel“ eingesetzt werden, freute sich Werftdirektor Ulf Borchert bei der Auslieferung des ersten Exemplars an Taiwan, und seien damit so etwas wie „eine schwimmende eierlegende Wollmilchsau“. Ase