Das Gejaule kommt später

KOMMENTAR

Das Gejaule kommt später

Wenn ein Staatsunternehmen ins Schlingern kommt, kommen die perspektiv- und phantasielosen Politiker immer auf die gleiche Idee: „Der Scheiß muß weg!“ Die gut verpackte Formel: „Privatisierung“. Doch eine derartige Lösung ist eine kurzsichtige Milchmännerrechnung.

Die Lufthansa hat es in den vergangenen Jahren verstanden, sich aufgrund des hohen Standards unter den Airlines einen guten Ruf zu verschaffen. Sicherheit war stets großgeschrieben, und die geringe Absturzrate verschaffte den Fluggästen in den Kranich-Fliegern schon ein gewisses beruhigendes Gefühl.

Und nun soll alles, wenn es nach dem Willen der Bundesregierung geht, verscherbelt werden. Nutznießer werden mal wieder die Privatkapitalisten — sprich Aktionäre — sein. Ihnen wird eine intakte Flugzeugflotte zum Ausschlachten und ein mit Staatsknete aufgebautes Unternehmen zum Fraß vorgeworfen. Während die Aktionäre anfangs vermutlich noch hohe Renditen verbuchen können, werden in wenigen Jahren die Folgen einer privaten Lufthansa sichtbar werden. Entweder setzt der Kranich aufgrund des Konkurrenzdrucks zum steilen Sturzflug mit anschließender Bauchlandung an, oder der Vogel am Leitwerk wird nach Vorbild der „Pan Am“ durch US-Werbung ersetzt — das Unternehmen durch US-Giganten aufgekauft. Vermutlich passiert sogar beides. Spätestens dann wird das Gejaule der Politik nach einer eigenen „deutschen Fluggesellschaft“ wieder laut, wenn „Delta-Airlines“ zwischen Köln- Bonn und Berlin nicht mehr fliegen will, weil es sich nicht lohnt. Der Steuerzahler muß dann wieder die Fehler der Vergangenheit ausbügeln. Deshalb: Auch wenn der Bund ein schlechter Unternehmer ist, darf die Lufthansa nicht privatisiert werden. Kai von Appen