Grüne: Haltet den Mützelburg!

■ Kritik des Fraktionssprechers „zu einfach und zu negativ“

Die Radikalkritik des Grünen Fraktionssprechers Dieter Mützelburg an der Arbeit der Grünen in der Ampel ist gestern bei den trotz Urlaubszeit in Bremen erreichbaren MandatsträgerInnen weitgehend auf Ablehnung gestoßen. Mützelburg hatte den Grünen in einem Geheimpapier Regierungsunfähigkeit bescheinigt und den Ausstieg aus der Koalition nahegelegt. (vgl. taz 21.7.)

Einen „schlechten Umgang mit der Fraktion“ bescheinigte die Grüne Abgeordnete Elisabeth Hackstein dem Fraktionssprecher. „Es ist unerhört, daß die Fraktion den Inhalt des Papiers aus der Presse erfährt.“ Nach der kurzen Regierungszeit der Ampel sei es zudem „absolut verfrüht“, die Koalition infrage zu stellen. Hackstein: „Wenn man einen solchen Koalitionsvertrag unterschreibt, dann kann man nicht kurz darauf schon schlapp machen.“ Eine Diskussion über einen Koalitionsausstieg könne man nur anhand aktueller Problemlagen führen.

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Bitte die Dame

Hackstein: „Nicht gleich schlapp machen“

Den Zustand der Koalition findet allerdings auch Hackstein alles andere als gut. Wedemeier habe die Grünen bei der Personalpolitik „über den Tisch gezogen“ und die SPD-Fraktion in der Bürgerschaft werde von Sitzung zu Sitzung „unerträglicher“, meinte Hackstein unter Verweis auf die Debatte über die Stadtwerke- Spenden, als SPD-Fraktionschef Dittbrenner von den Grünen Nibelungentreue verlangt hatte.

Auch Fraktionssprecher Martin Thomas will sich der Bewertung seines Kollegen Mützelburg nicht anschließen. „Als ich das gelesen habe, habe ich gesagt: Jetzt fahren wir erstmal in Urlaub.“ Zwar sieht auch Thomas nach knapp neun Monaten Ampel die Notwendigkeit, eine Zwischenbilanz zu ziehen, Mützelburgs Wertungen findet er jedoch „sehr leichtfertig und einseitig negativ“. So sei die Behauptung, Grüne könnten nicht regieren „Quatsch“. An den SPD-Vorsitzenden Horst Isola, der gestern besorgt bei den Grünen anrief, mochte Thomas das Papier denn auch nicht weitergeben.

„Meine Unzufriedenheit ist eine ganz andere als die Mützelburgs,“ meinte Thomas. Das Problem sei nicht so sehr, die Handschrift der Grünen zu erkennen, sondern das Gesamtbild der Koalition. „Die Ampel war angetreten, ökologische, soziale und wirtschaftspolitische Fragen zu eine gemeinsamen Politik zu bündeln. Daran fehlt es.“ Dies habe auch etwas mit der „Führungsstärke“ des Bürgermeisters zu tun.

In der Zusammenarbeit der Ampelfraktionen vermißt Thomas die Koalitionsatmosphäre. Es gebe gerade bei Fragen der politischen Kultur eine Tendenz zum „Weiter So“. Ein Gespür für die Politikverdrossenheit der Bevölkerung sei in der Ampel nicht auszumachen. Auch Mützelburgs Kritk am grünen Personal in der Ampel teilt Thomas nicht: „Fücks und Lahl machen zu 90 Prozent gute Sachen. Und Helga Trüpel hat bei aller Anfangskritik inzwischen auch mehr Impulse gesetzt als ihr Vorgänger Henning Scherf.“

Auch Helga Trüpel findet Mützelburgs Einschätzungen „zu negativ und zu einseitig.“ Trüpel: „Ohne die Grünen wäre die Sozialhilfe nicht auf 511 Mark erhöht worden.“ Es gebe neue Initiativen im Umweltbereich und in der Kultur. Trüpel: „So sehr beispielsweise der Projektmitteltopf zu knapp ist, ohne uns wäre gar nichts passiert.“ Ein Problem der Koalition sei, daß die BremerInnen außer der Sparpolitik wenig von neuer Politik bemerken. Trüpel: „Eine Aufbruchstimmung gibt es nicht. Das zu behaupten, wäre eine Beschönigung.“

Im Landesvorstand hat die Debatte über die Rolle der Grünen in der Ampel bislang noch keine Rolle gespielt. Mareike Molkewehrum, eine der SprecherInnen, hat das Papier von Mützelburg denn auch nur „zur Kenntnis genommen“. Molkewehrum: „Ich hab das als eine Vorlage gesehen, die nach der Sommerpause mal intern diskutiert werden muß.“ Einen Alleingang Mützelburgs sieht sie nicht: „Da hat sich einfach mal jemand hingesetzt und seine eigenen Gedanken aufgeschrieben, vielleicht aus persönlichem Frust. Das ist ja meistens ganz produktiv.“

Freude über das Papier kam gestern nur bei der CDU auf. „Daß die Grünen regierungsunfähig sind, ist für uns nicht neu“, meinte CDU-Fraktionsvize Reinhard Metz. Die grünen Selbstzweifel würden die bisherige Blockade-Politik der Ampel verstärken. Metz: „Die Partner sind auf Konfrontation getrimmt.“ hbk