Straßenbahn will wackeln dürfen

■ Unverzichtbare 30 Zentimeter gefährden Grün am Ostertorsteinweg

Vorsicht, gleich kracht's!Foto: Tristan Vankann

Das Leben hängt oft am seidenen Faden, die Feinheiten bei der Umgestaltung des Ostertorssteinwegs hingegen an 15 Zentimetern. Denn genau die fehlen, wenn im O'weg all das untergebracht werden soll, was in den Plänen vorgesehen ist: ein Radweg in jeder Richtung, die Straßenbahn, verbreiterte Bürgersteige und eine Grünzone mit Bäumen.

Doch ob die neue Fußgängerzone je von Grün gesäumt werden wird, ist fraglich. Denn: Straßenbahnen wackeln. Was das mit Bäumen zu tun hat? Ganz einfach und von links nach rechts: Alle Dinge benötigen ihren Platz im Leben. Da Bäume sich nicht selbst artikulieren können, spricht für sie das Gartenbauamt und sagt: ein Grünstreifen muß mindestens 1,50 Metern breit sein. Unverzichtbar.

Daneben soll ein Radweg seinen Platz finden, und der muß, so die Straßenverkehrsbehörde, mindestens 1,40 Meter breit sein. Weil RadfahrerInnen sich auch mal überholen können müssen. Unverzichtbar.

Daneben wiederum hat die Straßenbahn ihren Platz, und die benötigt nicht nur die Breite, die eine Bahn an sich einnimmt, sondern noch einen „Wackelabstand“ von mindestens 30 Zentimetern. Sagt die BSAG. Unverzichtbar.

Das alles nebeneinander aufgerechnet, wird es am O'weg in Höhe Ostertorplatz eng: Da fehlen nämlich genau 15 Zentimeter auf der gegenüberliegenden Seite — muß sich also das zarte Grün vom wiehernden Amtsschimmel rupfen lassen, bevor es überhaupt das Licht der Welt erblickte?

Könnten die Bäume nicht ein Stück in Richtung Bürgersteig gepflanzt werden? Sie können nicht, denn unter dem Pflaster liegt nicht der Strand, sondern Kabelsalat. Müssen sich RadfahrerInnen unbedingt in dem Moment überholen, wenn auch die Straßenbahn vorbeirauscht? Sie müssen nicht, aber wenn sie es tun, und es passiert etwas... Die Straßenverkehrsbehörde läßt lediglich Lösungen durchgehen, die im Zweifelsfalle auch vor Gericht bestehen könnten. Und Vorschrift ist Vorschrift. Bleibt also die Frage, ob Straßenbahnen, die mit Tempo 30, denn mehr dürfen sie in einer Fußgängerzone sowieso nicht fahren, wirklich so heftig schaukeln, daß sie 30 Zentimeter zur Seite hin ausschlagen könnten... Die BSAG geht zur Zeit in sich. Ein Tip: Die Wuppertaler Schwebebahn pendelt nach Auskunft eines dortigen Stadtwerke-Mitarbeiters maximal 10 bis 15 Zentimeter hin und her, und die Telefonnummer der Lissabonner Straßenbahn-Betreiber dürfte über die Auslandsauskunft zu erfahren sein. Susanne Kaiser