: Drei Richter befangen?
■ Auer-Prozeß: Verteidigung sauer: Plädoyer durch weitere Zeugenvernehmung unterbrochen
: Verteidigung sauer / Plädoyer
durch weitere Zeugenvernehmung unterbrochen
Das mußte ja kommen: Im langwierigen Verfahren gegen den unter Mordanklage stehenden Konditor Jürgen Auer hat die Verteidigung jetzt einen Befangenheitsantrag gegen die drei Richter der zuständigen Strafkammer gestellt. Die Rechtsanwälte Leonore Gottschalk- Solger und Gerhard Strate werfen den Richtern einen „groben Verstoß gegen das Prozeßrecht“ vor. Quasi seit Verhandlungsbeginn hatte die Verteidigung immer wieder Kritik an der Prozeßführung der Kammer geübt und einen fairen, unvoreingenommenen Umgang mit ihrem Mandanten gefordert.
Gestern gab der Vorsitzende Richter Diethelm Erdmann bekannt, auf den ersten Teil des Plädoyers solle nicht die Fortsetzung des Verteidigerschlußwortes, sondern eine weitere Zeugenvernehmung folgen. Der Protest Strates blieb erfolglos. In dem Befangenheitsgesuch heißt es nun, dem Verteidiger sei das Wort entzogen worden. Der Angeklagte sei somit in dem verbrieften Recht beschnitten worden, ein vollständiges Schlußwort zu halten oder durch seinen Rechtsanwalt halten zu lassen.
Erfahrungsgemäß führt ein solcher Antrag auf Ablehnung der Richter wegen Befangenheit nur selten zum Erfolg. Ob es in diesem Fall anders sein wird, entscheidet sich in der nächsten Woche. Am Landgericht begann am Freitag nachmittag die hektische Suche nach einem richterlichen Trio, das über den Befangenheitsantrag entscheiden könnte. Es gibt inzwischen kaum noch einen Kadi, der nicht im Urlaub ist oder befangen, weil er sich in den letzten zehn Jahren ohnehin schon einmal mit der Sache Auer beschäftigt hat.
Auer soll im November 1982 gemeinsam mit seinem italienischen Freund einen Hamburger Kaufmann getötet haben. Er wurde 1984 in erster Instanz zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Dann folgte ein jahrelanger Rechtsstreit um die Wiederaufnahme des Verfahrens, der mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts endete. Die Karlsruher Richter wiesen die Hamburger Justiz an, den Fall neu aufzurollen. Wenn der Befangenheitsantrag abgelehnt wird, geht der Prozeß am 3.August weiter. Werden die Richter tatsächlich für voreingenommen erklärt, geht alles von vorne los. Auer ist gegen Kaution auf freiem Fuß. Lisa Schönemann
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