KOMMENTAR
: Bonner Rückzieher

■ Recht auf Eigentum wichtiger als Recht auf Aufschwung

Spät, aber immerhin: Der Bonner Gesetzgeber versucht im nachhinein, das Chaos in den neuen Ländern, das er selber angerichtet hat, im wiederholten Anlauf zu beenden. Spekulanten, die Grundstücke von Alteigentümern kaufen und den unbedarften Erben oft das Fell über die Ohren ziehen, soll das Handwerk gelegt werden. Sie werden schlicht von der Vergabe der begehrten Investitionsbescheinigung und damit vom Immobilienbesitz ausgeschlossen. Denn daß in den Städten der ehemaligen DDR der Aufschwung nicht kommt, weil die ungeklärten und umstrittenen Eigentumsverhältnisse alles blockieren, hat sich inzwischen bis nach Bonn herumgesprochen. So konnte man dort — auch unter dem politischen Druck des Berliner Senats, vor allem der Senatoren Nagel und Limbach — nicht umhin, wenigstens den schlimmsten spekulativen Auswüchsen des Prinzips »Rückgabe vor Entschädigung« entgegenzutreten.

Ob das jetzt in Kraft getretene Gesetz aber noch viel nützt, ist fraglich. Denn mit Sicherheit werden die finanzstarken Möchtegern-Investoren und ihre Anwaltsbüros vor die Verwaltungsgerichte ziehen und versuchen, diese Regelungen wieder zu kippen. Denn für sie geht es einfach um zuviel Geld. Besser wäre es deshalb gewesen, man hätte das Chaos um das Eigentum der ehemaligen DDR gar nicht erst verursacht. Hätte man im Einigungsvertrag darauf verzichtet, 40 Jahre DDR-Geschichte zurückzudrehen, dann müßte man nun die entsprechenden Gesetze nicht immer wieder nachbessern. Aber die Verfasser des Einigungsvertrages haben das Recht auf Eigentum höher angesiedelt als das Recht der neuen Länder auf einen wirtschaftlichen Aufschwung. Eva Schweitzer

Siehe auch Bericht auf Seite 20