Live aus dem OP

■ Olympiatagebuch, Teil7

Wer hat da behauptet, der olympische Gedanke vom „Dabeisein ist alles“ sei in Vergessenheit geraten, nur noch die Sieger bestimmten das Bild? Stimmt nicht: Die Verlierer sind die Helden, je schmerzhafter, desto mehr Sendeminuten. Vor allem im Leichtathletikstadion spielen sich menschliche Tragödien ab, gibt es haufenweise Heulen, gerissene Sehnen und ins Ziel stürzende Athleten.

Lob sei dem Zoom, das die grimassierenden Gesichtsentgleisungen hautnah auf den Schirm holt. Doch nirgendwo weidet sich die Kamera so genüßlich wie bei dem auf der Bahn zappelnden 100-m-Läufer Rutherford. Schöner ist natürlich der bereits nach 30 von 200 Metern schmerzverzerrt weiterhüpfende Redmond, da freut sich Bernd Heller und zählt gleich alle Verletzungen auf, die der arme Brite schon vorher erleiden mußte. Passierte aber alles im Halbfinale, und das ist nur halb so dramatisch.

Fehlt noch das Interview mit dem Arzt des ausgeschiedenen Danny Everett. Die journalistische Sorgfaltspflicht möchte dafür sorgen, daß übertragen wird, wie sie Rutherfords Achillessehne wieder zusammenflicken. Live-Übertragung aus dem OP mit Zeitlupeneinspielung des chirurgischen Eingriffs, der die Traumnote 10 erhielt, und anschließender Medaillenverleihung an den operierenden Arzt. Go for it, Heller. to