Jahreszeiten der Komischen Oper

■ Theater verkaufte Vorstellung an Daimler/ Kartenkäufer nach Hause geschickt/ Senator verspricht: Künftig soll Komische Oper Aufsichtsbehörde vorher informieren

Berlin. Ein Nachspiel im Abgeordnetenhaus hatte nun das Verhalten der Komischen Oper, die im Juni eine Vorstellung im Paket an Daimler-Benz verkauft hatte. »Wie beurteilt der Senat die Tatsache, daß an diesem Abend ausschließlich Gäste der Firma D. in diesen Kunstgenuß kommen durften?« wurde die kleine Anfrage des Abgeordneten Albert Eckert von der Fraktion Bündnis 90/Grüne im Landespressedienst zitiert. Und auch in der Antwort war nur die Rede von »dem beteiligten Unternehmen«. Beim Weltkonzern Daimler-Benz nimmt die Senatsverwaltung den Datenschutz offenbar ebenso genau wie beim Umgang mit anderen Betroffenen.

Am 25. Juni hatte die Komische Oper aus einem Ballettabend eine geschlossene Gesellschaft gemacht. Ein klitzekleines Problem gab es: Bevor der Vertrag mit Daimler geschlossen wurde, hatte man bereits 45 Karten im Vorverkauf abgesetzt. Das Theater schickte die Musikliebhaber mit der Information nach Hause, die Veranstaltung sei von Daimler »gemietet«.

In der Antwort der Senatsverwaltung für kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage klingt Verständnis für das Verhalten der Komischen Oper durch. Die Entscheidung, »eine komplette Vorstellung an ein Unternehmen« zu verkaufen, habe es dem Theater erlaubt, die Saallücken in den Sommerferien zu füllen. 30.000 Mark habe das »beteiligte Unternehmen« sich das kosten lassen. Das sei als »finanzielle Maßnahme« zu begrüßen, aber der Senator bekrittelte doch, daß die Komische Oper »die Angelegenheit nicht mit der nötigen Sorgfalt« betrachtete. Der Verkauf ganzer Vorstellungen sei zwar eine »international durchaus übliche Praxis«, aber eigentlich erst wenn der Vorverkauf noch nicht begonnen hat. Das Theater habe immerhin versucht, die Kartenkäufer über Rundfunk, Zeitungen und Plakate zu informieren, und bei denen, die dennoch vor den Türen standen, habe sich der Indendant per Brief entschuldigt. In Zukunft aber solle das Haus »vor derartigen Entscheidungen« die Aufsichtsbehörde informieren. Aber wer weiß, ob man sich daran noch erinnert, wenn die Jahreszeiten wieder schlecht sind, Vivaldis »Jahreszeiten« auf dem Programm stehen und ein Konzern ein gleichnamiges Produkt präsentieren will. Ralf Knüfer