Im Würgegriff von Dürre und IWF

■ Nach 12 Jahren stabiler Entwicklung ist Simbabwe ökonomisch am Ende/ IWF-Programm als Alptraum

Harare (taz/IPS) — Das Urteil der Industrie Simbabwes über den Ende Juli vorgestellten 2,2 Miliarden US- Dollar umfassenden neuen Haushalt des Landes fiel vernichtend aus. „In dem Budget werden die wichtigsten wirtschaftlichen Probleme außer acht gelassen“, mokierten sich die Unternehmer des Landes. Der „Verband der Industrie Simbabwes“ (CZI) hatte schon vor einigen Wochen heftig kritisiert, daß die Regierung des afrikanischen Staates ein Liberalisierungsprogramm der Wirtschaft nur zögernd umsetzte.

Laut Tony Hawkins von der Universität Simbabwe beinhaltet der von Finanzminister Bernard Chidzero vorgestellte Haushaltsentwurf gegenüber dem Vorjahr eine reale Einsparung von 20Prozent. Hawkins: „Das ist ziemlich wild.“ Die Gewerkschaften riefen wegen der sozialen Auswirkungen des Programms zu Protesten gegen die Regierung.

Und vor zwei Monaten haben sich fast alle Oppositionellen des Landes im „Neuen Forum“ zusammengeschlossen — in der Hoffnung, eine politische Alternative zur Regierung aufbauen zu können.

Wie schwierig die Zeiten geworden sind, bekam der seit seit der Unabhängigkeit 1980 unangefochten regierende Staatspräsident Robert Mugabe am eigenen Leib zu spüren. Erstmals seit zwei Jahren wagte er sich im letzten Monat wieder unter's Volk. Doch das großangelegte „Meet the People“-Reiseprogramm durch Simbabwes Provinzen geriet zum Reinfall. Bei Mugabes Kundgebungen tauchten nur wenige Menschen auf und ließen sich von den Erklärungen des Staatschefs nicht beeindrucken.

Tatsächlich wird Simbabwe nach zwölf Jahren stagnierender, aber stabiler Entwicklung plötzlich von einer Welle von Schwierigkeiten heimgesucht. Devisen, die eigentlich für die Finanzierung der Wirtschaftsreformen vorgesehen waren, werden zur Deckung von Nahrungsmittelimporten benötigt. Simbabwe, 1990 noch ein „Brotkorb“ des südlichen Afrika, muß in diesem Jahre wegen der katastrophalen Dürre etwa vier seiner zehn Millionen Einwohner mit Nahrungsmittelhilfe unter die Arme greifen. Die im ganzen südlichen Afrika herrschende Dürre hat die Ernte auf lediglich zehn Prozent der üblichen durchschnittlichen Jahresmenge gedrückt.

Als Mugabe vor einem Monat nach langem Zaudern sein Kabinett von 55 auf 45 Minister reduzierte, sahen viele Beobachter es als erwiesen an, daß dem Staatschef die nötige Entschlußkraft für ein Gegensteuern abhanden gekommen sei. Ein Kommentator in der oppositionellen Financial Gazette verlangte bissig: „Es ist an der Zeit, daß Minister an ihrer Leistung und nicht an der Zahl der im Unabhängigkeitskampf erlittenen Moskito-Bisse gemessen werden.“ Doch auch die ZANU-PF, die von Mugabe und seinem ehemaligen Gegenspieler Nkomo gemeinsam gebildete Partei, liegt darnieder. Selbst im Parteihauptquartier, das alle anderen Gebäude der Hauptstadt Harare überragt, bemühen sich Funktionäre kaum noch, den Eindruck von Aktivität zu erwecken.

Die Krise der Mugabe-Regierung wird durch ihr in Schwierigkeiten geratenes, auf Druck des Internationalen Weltwährungsfonds (IWF) begonnes Liberalisierungsprogramm der Wirtschaft verschärft. Kaum zwei Jahre nach seinem Start lastet das Strukturanpassungsprogramm ESAP wie ein Alptraum auf dem Land.

Den Simbabwern, die aufgrund der 16 Milliarden US-Dollar teuren Wirtschaftsreformen ohnehin schon genug leiden mußten, droht nun durch die herrschende Dürre vollends die Luft auszugehen. Denn Maßnahmen und Sicherheiten gegen Naturkatastrophen sieht das vom Internationalen Währungsfonds und der Weltbank auferlegte Programm nicht vor.

Die Kombination aus Dürre, freigegebenen Preisen und einer Abwertung des Simbabwe-Dollars um 48Prozent im vergangenen Jahr versetzt die Preisspirale für Konsumgüter in immer schnellere Drehungen. Das Ergebnis ist eine derzeitige Inflationsrate von 42Prozent — ein steiler Anstieg zu den 16Prozent im Jahr zuvor.

Aber auch Betriebe jeder Größenordnung sind angeschlagen. Nachdem viele Unternehmer es versäumt haben, rechtzeitig ihre Produktion zu diversifizieren und die veralteten Maschinenparks zu modernisieren und statt dessen schnelle Gewinne durch die Preisfreigabe eingefahren haben, trifft sie die Krise nun doppelt schlimm.

Ted Baxter, Geschäftsführer eines Landmaschinenherstellers, berichtet, daß er 177 von 200 Arbeitern habe entlassen müssen. „Es gibt einfach keine Nachfrage mehr. Verkaufen wir sonst etwa 200 Traktoren jährlich, so haben wir dieses Jahr noch keinen einzigen verkauft“, erklärt Baxter.

Sollte er auch angesichts der um 140Prozent angestiegenen Stahlpreise in den nächsten zwei Monaten keinen Überbrückungskredit von der Bank erhalten, werde er wohl ganz schließen müssen, meint Baxter düster.

Trotzdem dürfte das Verlangen nach weiteren Einsparungen seitens der Weltbank kaum abnehmen. So gehen im neuen Haushalt etwa 35 Prozent für die Bezahlung der rund 185.000 Beamten drauf.

Für die Weltbank und auch das Privatunternehmertum steht fest, daß dieses Geld anderswo besser eingesetzt werden könnte. Die Mugabe- Regierung will angesichts ihrer Probleme aber nicht auch noch Beamte entlassen. Willi Germund