Asylbewerber in Kaserne zwangsverlegt

Magdeburg (taz) — „Nahezu freiwillig“, so der Magdeburger Dezernent für Ordnungsangelegenheiten, Peter Thomaser, verließen gestern 39 überwiegend aus Schwarzafrika stammende Asylbewerber ihre Unterkunft in Magdeburg. 300 Polizisten besetzten um kurz nach sechs Uhr morgens die Flure des Wohnheims und machten den Bewohnern unmißverständlich klar, daß sie notfalls auch mit Gewalt in ihre neue Unterkunft, eine Kaserne der ehemaligen DDR-Grenztruppen in Marienborn, gebracht würden.

Während Thomaser von einem friedlichen Verlauf der Aktion spricht, hält Magdeburgs Polizeipräsident Antonius Stockmann einen Teil der Asylbewerber für „aufsässig und renitent“. Eine gewisse aggressive Stimmung unter den Flüchtlingen hat spätestens seit dem ersten Versuch der Umquartierung am vergangenen Donnerstag ihren Grund. Statt ihnen die Rechtslage zweifelsfrei klarzumachen, beschimpfte der von der Polizei eingesetzte Dolmetscher die Flüchtlinge als „bloody motherfuckers“.

Mit einer einfachen Verfügung erklärte der Magistrat von Magdeburg kürzlich den Aufenthalt von 170 Asylbewerbern in dem Heim, das sie zum Teil seit mehr als einem Jahr bewohnen, für illegal. Offizieller Grund: Die Stadt will das Heim renovieren und muß es dazu zum Teil räumen. Frauen und Familien durften bleiben, die alleinstehenden Männer, die mit nächtlichen Partys zu wenig Rücksicht auf die Nachtruhe der Nachbarn nahmen, sollten verlegt werden. Thomaser bestreitet allerdings, daß Anwohnerbeschwerden der Hintergrund der Umquartierung sind. Auch eine Bürgerinitiative, die unter dem Deckmantel einer „Schutzgemeinschaft gegen Rechtsradikale“ hauptsächlich mit ausländerfeindlichen Sprüchen auffällt, habe mit der Aktion nichts zu tun.

Allerdings kann diese Aktion – auch im nunmehr dritten Anlauf – nicht als Erfolg für Polizei und Ordnungshüter gewertet werden. Von den 170 Personen, die gestern nach Marienborn verfrachtet werden sollten, traf das große Polizeiaufgebot nur 39 an. Eberhard Löblich