■ AUS POLNISCHER SICHT
: Wie fühlen Sie sich heute?

Die Werbung im polnischen Fernsehen ist immer noch etwas Neues und fasziniert das Publikum mehr als Spielfilme und Liveübertragungen aus dem Sejm, die man wegen bemerkenswerter Auftritte einiger Abgeordneter als eine Mischung zwischen Unterhaltungssendung und psychopathologischer Dokumentation betrachtet. Die Werbung schauen sich alle an, die Kinder benutzen die variierten Werbeslogans dann immer wieder im Alltag.

Oft erheitern die Spots jedoch gegen den Willen der Produzenten: Viele sind wörtliche Übersetzungen der englischen oder deutschen Originalversionen, was dann wie Tucholskys »Deutsch für Amerikaner« klingt. Wenn die sprachliche Seite einwandfrei ist, so passen doch einige Werbefilme überhaupt nicht »in die kulturelle Landschaft«. Es hat keinen Sinn, ein Waschpulver zu preisen, das sich von anderen dadurch unterscheidet, daß man die Wäsche nicht einweichen muß. Alle unter sechzig lachen in diesem Augenblick, wo die Dame in der Reklame mit fester Überzeugung behauptet: »Ohne Einweichen!« Sehr oft entsteht der komische Effekt aufgrund der laienhaften Vorbereitung — die Branche leidet sichtlich an Kinderkrankheiten, obgleich das große Geld sehr viele Spezialfirmen entstehen ließ, die erfreulicherweise oft recht erfolgreich versuchen, im polnischen kulturellen Kontext zu arbeiten. So wirbt zum Beispiel für die beste Zahncreme eine Person, deren Unterkiefer nach einer Kanalbehandlung mehrerer Zähne sichtlich angeschwollen ist.

Einen der sichersten Beweise, daß der Kommunismus am Ende ist, stellt jedoch die Werbung für Damenbinden und Toilettenpapier dar. Die rarsten aller Mangelwaren der Volksrepublik sind derzeit in solchem Überfluß vorhanden, daß der Marktanteilkrieg zuweilen horrende Ausmaße annimmt. Das wichtigste Prinzip ist es, die Reklame dieser wichtigen Produkte just zu Mahlzeiten, vor und nach den Kindersendungen und am liebsten rund um die Uhr zu präsentieren. Der neueste Renner unter den Vorschülern ist der folgende Witz: »Weißt du, daß Hanna Suchocka aus dem Fenster im achten Stock gestürzt ist und überlebt hat? — Sie hatte eine Damenbinde mit Flügeln!« Piotr Olszowka