piwik no script img

Eis und Ozon satt

Hamburg im Hitzewahn /  ■ Bei Sommersmog bald arbeitsfrei

?

Ganz Hamburg litt oder freute sich über das angeblich heißeste Wochenende des Jahres — ach was, des Jahrhunderts. Auf 37 Grad im Schatten kletterte die Quecksilbersäule am Sonntag. Das soll es zuletzt 1891 an der Elbe gegeben haben. Der Schweiß floß trotz Deo in Sturzbächen, das Gehirn dörrte vollends aus und der Körper akzeptierte nur noch zwei Nahrungsmittel: Mineralwasser und Eis. Viele HanseatInnen flüchteten unter schattige Bäume oder ans Wasser. Allerdings nicht im stickigen Auto. „Auf Hamburgs Straßen herrscht absolut tote Hose“, meldete gestern die Polizei. Das verhinderte indes nicht die massenhafte Bildung des Reizgases Ozon. Zum vierten Mal in diesem Jahr wurde der Grenzwert von 180 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft deutlich überschritten.

Die Folgen des durch Abgase verursachten Sommersmogs: Kopfschmerzen, angegriffene Schleimhäute und Atemwege. Die Hamburger Umweltbehörde schickte deshalb ihren gewohnt sinnlosen Slogan über die Äther der Radiostationen: „Halten Sie Fenster und Türen geschlossen und vermeiden sie körperliche Anstrengungen“. Nette Vorstellung, daß die hitzegeplagten HanseatInnen ihre Wohnung verrammeln, um zwar vom Ozon verschont zu bleiben, dafür aber einen Kreislaufzusammenbruch zu erleiden. Und das, während die Verursacher des Übels weiter über die Straßen brausen oder Dämpfe aus den Industrie-Schloten pusten.

Die Lächerlichkeit solcher Tips tat am Wochenende ein Übriges dazu, den Arbeitsschutzexperten des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reinhold Konstanty, zum Sieden zu bringen. Er forderte „Ozonfrei“ für Arbeitnehmer, die besonders betroffen sind, wie zum Beispiel Bauarbeiter.

Die Hamburger Feuerwehr meldete trotz der Wüsten-Temperatu-

ren keine dramatischen Ereignisse. Einzig in Neugraben ging ein Stück Heide in Flammen auf. Ab Dienstag haben die Wetterfrösche im übrigen Erlösung vorhergesagt. Dann soll es regnen und kühler werden.

sini

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen